Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. Das sagte Jesus den Menschen in seiner Predigt auf einem Berg. „Ja, ja“ und „nein, nein“ heißt: Sage Ja, wenn du Ja meinst, und sage Nein, wenn du nein meinst. Bleibe ehrlich mit dir selbst und zu deinen Mitmenschen. Rede also eindeutig und klar und taktiere nicht mit deinen Worten.

Wir Menschen wollen uns manchmal nicht richtig festlegen und halten uns gern ein Hintertürchen offen. Da wird dann ein Ja oder ein Nein zu einem „Jein“ oder „Ja, aber“, „vielleicht, vielleicht auch nicht“. Auf diese Weise wird die eigene Meinung oder der eigene Standpunkt vernebelt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie bestehen oft in der Angst vor den Folgen oder der Kritik. Oder aber auch, um andere zu täuschen oder für die eigenen Interessen zu missbrauchen. Jesus sagt, das ist „vom Übel“. Und er meint damit, nicht eindeutig zu reden ist heillos, führt nicht zu deinem Heil. Gott will, dass wir uns eindeutig verständigen, erkennen, lieben und begegnen. Es hat ja auch keiner nötig, mehr aus sich zu machen, als er ist, oder sich nach allen Seiten abzusichern durch Taktieren oder gar Täuschung. Gott kennt uns ohnehin so, wie wir sind – mit allen Stärken, Mängeln und Schwächen, mit allen Fähigkeiten und Fehlern. Mehrdeutiges Reden verhindert von Liebe und Offenheit getragene Beziehungen zu den Mitmenschen und ruft Misstrauen hervor.

Jesus aber will uns noch mehr dazu sagen. Wir erkennen es, wenn wir den Textabschnitt vor diesem Schlussvers lesen. Jesus wendet sich gegen das Schwören, wie es damals üblich war und heute in gewisser Weise auch noch ist. Man schwört von sich aus bei allem, was Wert hat, was einem „heilig“ ist, um die eigene Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit zu unterstreichen. Beispiele dazu: „Das schwöre ich dir!“ „Ich flehe dich an!“ „Glaube mir!“ „Ich gebe dir mein Ehrenwort!“ „Sie können mich beim Wort nehmen!“ Ein solches Schwören wird meist als letztes Mittel eingesetzt, wenn Vertrauen nicht auszureichen scheint, wenn Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit auf dem Spiel stehen oder auch, wenn eigene Interessen und Ziele gegen andere durchgesetzt werden sollen. (Hier wird im Übrigen deutlich, dass Jesus die Eide vor Gerichten und staatliche Loyalitätseide vermutlich nur indirekt mitgemeint hatte, da sie von den Institutionen gefordert und eben nicht aus eigenem Kalkül von sich aus geleistet werden.)

Der Monatsspruch als Schluss der Rede Jesu über das Schwören gehört zu seiner Bergpredigt. In ihr hören wir Jesu Forderungen, die exemplarisch zeigen, was es heißt, Gott zu lieben und den Nächsten wie sich selbst (Mt 22,37-40). Die Liebe und Barmherzigkeit zu unseren Mitmenschen verträgt keine eigensüchtigen Schwüre, um eindeutig, glaubwürdig und verlässlich zu ihnen und mit ihnen zu reden. Sondern sie nimmt sogar in Kauf, zu eigenen Schwächen, Unsicherheit und Fehlern zu stehen.

Gegen das Schwören bei Gott, z.B. mit der Formel „so wahr mir Gott helfe“ oder „beim Himmel“, wendet sich Jesus in gleicher Weise. Wer auf Gott direkt oder indirekt schwört, um seine Zuverlässigkeit oder Glaubwürdigkeit zu erhöhen, der missbraucht ihn, indem er ihn zu seinem Werkzeug macht, um seine eigene Unvollkommenheit zu verdecken oder eigensüchtige Ziele zu erreichen und andere zu täuschen. Man kann auch sagen: Der lästert Gott.

Gott hat in Jesus selbst klar und eindeutig zu uns geredet und gehandelt. Bei ihm wissen wir, woran wir mit ihm sind. Unsere Mitmenschen sollen auch wissen, woran sie mit uns sind. Deshalb sollen auch wir mit ihnen mit klaren, eindeutigen und verlässlichen Worten reden – so wie es Jesus will: Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.