Gedanken zu den biblischen Monatssprüchen
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- Geschrieben von: Roland Voigt
Der Apostel Paulus sitzt im Gefängnis in Cäsarea. In Gegenwart des römischen Statthalters Festus und des jüdischen Königs Agrippa II. muss er sich gegenüber Vertretern des Judentums und der Jerusalemer Judenchristengemeinde verteidigen. Ihre Vorwürfe hatten sie bereits bei seiner Festnahme in Jerusalem erhoben. Der Vorwurf der Juden: Paulus lehrt gegen das jüdische Volk, dessen Gesetze und gegen das Tempelgesetz. Er lehne demnach ihre Glaubensgrundsätze und Praktiken ab. Deshalb muss er getötet werden (Apg 21,28-31). Der Vorwurf der Judenchristen: Paulus lehrt uns, von Mose abzuweichen und sagt, wir sollen unsere Kinder nicht beschneiden und auch nicht nach den jüdischen Ordnungen leben (Apg 21,21). Sie hatten also starke Vorbehalte gegen die Lehre des Paulus.
In seiner Verteidigungsrede in Cäsarea redet Paulus über seine Lebens- und Glaubensgeschichte und schließt am Ende mit: Gottes Hilfe habe ich erfahren bis zum heutigen Tag und stehe nun hier und bin sein Zeuge (Spruch für diesen Monat).
Die Kürzung des eigentlich bis zum Vers 23 reichenden Satzes ist allerdings unbefriedigend. Doch darüber später mehr. Und auch die Auslassung des griechischen Wortes oun am Anfang des Satzes ist nicht gerade hilfreich zum sachgemäßen Verständnis. Denn oun dient dazu, die mit diesem Wort nun beginnenden Ausführungen als eine Folgerung aus dem vorhergehend Gesagten zu bezeichnen. Es ist demzufolge in der Regel mit „also“ wiederzugeben (und nicht, wie z.B. auch in der Lutherbibel, mit „aber“). Damit nehmen die Verse 22-23 einen ganz bestimmten Charakter an. Sie sollen als Fazit der Lebensgeschichte des Paulus verstanden werden. Das „also“ am Satzanfang dient quasi wie ein Schlüssel zum besseren Verständnis. Das betrifft vor allem den ersten Satzteil. Er lässt dann erkennen, dass Paulus hinsichtlich des Prozessausgangs gelassen ist – Ausdruck seines großen Gottvertrauens. Gelassenheit, obwohl er durchaus mit einem Todesurteil rechnen musste (Apg 25,11). Man könnte seine Haltung dann vielleicht so wiedergeben: In den vielen Dingen, die sich in meinem Leben ereignet haben und die mir widerfahren sind, habe ich bis heute Gottes Beistand erfahren. Egal, ob man meiner Verteidigung folgt oder nicht, egal, was dann kommen mag, bei Gott bin ich in den besten Händen.
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- Geschrieben von: Roland Voigt
Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! (Phil 4,6 – Spruch für Juli 2025)
Sorgt euch um nichts! „Sorglos sein, meint Paulus das ernsthaft?“, fragte in einem Bibelgespräch eine Frau zurück und fuhr sodann fort, „Wo soll das denn hinführen, wenn man alle Fünfe grade sein lässt und sich keinen Kopf macht, wie man im Leben klar kommen soll? Im Krieg wären wir alle verhungert. Und wer weiß, was aus meiner Ehe und meinen Kindern geworden wäre.“
Nein, Paulus will uns nicht zu einer solchen Sorglosigkeit aufrufen. Er weiß, dass das Sich-Sorgen um jemanden oder auch um etwas zum Leben dazugehört als Daseinsvorsorge, Fürsorge und Nachsorge. Doch solches Sich-Sorgen kann auch gefährlich werden, kann das Leben vergällen und freudlos machen. Dann nämlich, wenn das Sich-Sorgen zum Zer-Sorgen wird. Wir zersorgen uns, wenn uns die Sorgen den Schlaf rauben, sie uns in Angst versetzen, sie uns an den Lebensnerv gehen. Dann kann nichts anderes, auch nicht ein anderer Mensch mehr Raum in unserem Leben bekommen. Sie füllen unsere Gedanken aus, gewinnen Macht über uns, beherrschen uns. Sogar wenn wir nur über sie reden, kommen wir nur immer wieder ins Klagen und zermürben unsere Kräfte. Sorgen um unsere Gesundheit oder der von Angehörigen, um die Pflege von Angehörigen, Sorgen durch den Tod eines lieben Menschen, Sorgen wegen der Probleme des Alltages, der Kinderbetreuung, des Verlustes des Arbeitsplatzes, wachsender Gefährdung des inneren Friedens im Land, wachsender Kriegsgefahr, wachsender Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und so vieles andere, all das kann unsere Kraft überfordern. So können Sorgen unser Leben zerstören – psychisch und physisch.
Martin Luther gebrauchte in diesem Zusammenhang ein schönes Bild: „Dass die Vögel (der Sorge und des Kummers) in der Luft dir über dem Haupte fliegen, magst du nicht wehren, kannst aber wohl wehren, dass sie dir in den Haaren kein Nest machen.“ (WA 2, 124, 27-29). Wie aber macht man das? Darauf antwortet Luther im Blick auf Phil 4,6: „Um kein Ding sollt ihr sorgen, aber in allen Dingen habt eure Zuflucht bei Gott. […] Das heißt mit Danksagung seine Bitte Gott eröffnen und kund tun.“ [In: J. G. Walch (Hg), D. Martin Luthers in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte und aus der letzteren in die erstere übersetzte Sämtliche Schriften, Zwölfter Theil, Halle 1742, Sp. 1448.]
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- Geschrieben von: Roland Voigt
Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. (Apg 10,28 –Spruch für den Monat Juni) Das sagt Petrus, den der römische Hauptmann Kornelius auf Geheiß eines Engels in sein Haus holen ließ, wo auch zahlreiche Verwandte und Freunde des Hauptmanns anwesend waren. Zwar hatte Gottes Geist dem Petrus vorher gesagt, er solle dann mitgehen, doch was er dort im Haus eines Nichtjuden eigentlich sollte, wusste er nicht, zumal es Juden den religiösen Vorschriften entsprechend verboten war, sich mit Nichtjuden näher einzulassen oder bei ihnen einzukehren. Das sagte er auch den Versammelten. Es muss ihn erschreckt haben, gegen die heiligen Vorschriften zu verstoßen. Als Kornelius ihm nun erzählte, auf wessen Veranlassung er Petrus holen ließ, da dämmerte es ihm allmählich, dass Gott es so wollte. Da wich sein Erschrecken. Er sprach: Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf (Einheitsübersetzung).
Welche Menschen sah Petrus denn bisher als unheilig an? Wie ist demzufolge dieser Satz zu verstehen? Die Lutherübersetzung mit „gemein“ statt „unheilig“ ist zwar näher am Urtext, aber das Wort „gemein“ hat, wie bereits schon das griechische Wort dafür, eine etwas schillernde Bedeutung. Der Neutestamentler Klaus Haacker hat in seinem Kommentar den Ausspruch des Petrus in heutige allgemeine Alltagssprache so übertragen: Und doch hat mir Gott den Wink gegeben, keinen Menschen als ordinär (im Sinne von anstößig, nur weil er kein Jude ist) oder unsauber zu bezeichnen. Jedenfalls will Lukas uns hier zeigen, dass bei Petrus nun ein Umdenkungsprozess beginnt: Wenn Gott ihn zu Nichtjuden schickt, zeigt er doch damit an, dass die Vorschriften, mit denen sich Juden von Nichtjuden abgrenzen, im Umgang mit ihnen keine Rolle mehr spielen sollen. Am Ende dieses Umdenkungsprozesses hat Petrus dann die Erkenntnis gewonnen (Verse 34 und 35): Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm.
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- Geschrieben von: Roland Voigt
Zu dir rufe ich, HERR; denn Feuer hat das Gras der Steppe gefressen, die Flammen haben alle Bäume auf dem Feld verbrannt. Auch die Tiere auf dem Feld schreien lechzend zu dir; denn die Bäche sind vertrocknet. (Joel 1, 19-20 – der Monatsspruch)
Wer denkt da nicht sofort an die heutigen Auswirkungen der Klimaveränderungen. Über die Medien erfahren wir täglich davon. Doch auch in unserem Land, quasi vor der eigenen Haustür, bahnt sich Beängstigendes an. Pflanzen und Tiere leiden mit den Menschen unter der Trockenheit. Selbst Bäche und Flüsse trocknen aus. Das Wasser wird knapp. Die mittleren Jahrestemperaturen steigen. Pflanzen, Bäume sterben ab, Wälder brennen. Das Nahrungsangebot für die Tiere wird geringer. Auch für sie wird das Leben immer bedrohlicher. So gibt es immer mehr Katastrophen aufgrund der Klimaveränderungen auf unserem Globus. Unzählige Menschen betrachten das seit Jahren mit Sorge. Viele sehen auch ihre eigene Lebensexistenz bedroht und sind ratlos. Denn Maßnahmen, um den Klimaveränderungen Einhalt zu gebieten oder sie zu stoppen, werden nur halbherzig ergriffen. Viele möchten zwar etwas in dieser Richtung tun, handeln selbst klima- und umweltbewusst, sind aber enttäuscht vor allem über diejenigen in der Wirtschaft und Politik, die die Macht und die Mittel dazu hätten. Die Einschätzung, dass angesichts dieser düsteren Aussichten die ganze Schöpfung bedroht ist, teilen immer mehr Menschen. Manche zeichnen ein apokalyptisches Szenario – das kommende Ende dieser Welt und menschlichen Lebens. Und dies auch vor dem Hintergrund wachsender Kriegsgefahr, die aufgrund der modernen und atomaren Möglichkeiten der Kriegsführung das Leben auf unserem Planeten auslöschen könnte.
Vor Jahren klagte mir eine ältere Frau, ein treues Gemeindeglied, ihre Angst vor einem solchen Ende. Die Corona-Pandemie war zudem auf dem Höhepunkt und verstärkte ihre Angst in einem fast unerträglichen Maße. „Jetzt kommt das Ende über uns – Gottes Jüngstes Gericht!“ Immer wieder zitierte sie aus der Bibel apokalyptische Bilder vom nahen Ende der Welt, vor allem aus dem Neuen Testament. Aber auch auf die Schilderungen des Propheten Joel wie die, in der unser Monatsspruch steht, verwies sie. „Nicht mehr lange, dann ist es soweit!“, wehklagte sie aus einer unumstößlichen Überzeugung heraus. So ähnlich wie sie empfinden viele Christen.
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- Geschrieben von: Roland Voigt
Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete? (Der Spruch für diesen Monat.)
Wann brannte Ihnen mal das Herz? Wann wurde Ihnen mal warm uns Herz? Sicherlich kommt in Ihnen da die eine oder andere Erinnerung hoch an solche Momente. Beispielsweise an einen Mensch, der Ihnen in schwierigen Zeiten beigestanden hatte und es vermochte, den Blick wegzulenken vom eigenen Schicksal hin zu all dem Guten und Schönen, das es im Leben auch gab und ihm Sinn verlieh. Dass Sie erkennen konnten: Da gab es nicht nur Enttäuschendes, sondern viel Segensreiches, was nicht nur das Herz erfreute, sondern die Seele streichelte. Ein Mensch, der auf diese Weise half, das Sinnwidrige im Leben zu überwinden, so dass neue Hoffnung aufkeimen konnte und sie wie Licht am Ende eines Tunnels aufschimmerte.
Eine solche Erfahrung hatten auch zwei Jünger Jesu. Sie waren drei Tage nach der Kreuzigung Jesu auf dem Weg von Jerusalem ins Dorf Emmaus. Da gesellte sich ein Fremder zu ihnen, der sie auf ihre Enttäuschung und Traurigkeit ansprach. Und sie erzählten ihm von der Kreuzigung in Jerusalem. Sie sprachen von ihrer Traurigkeit, von ihren zerschlagenen Hoffnungen auf eine Welt und ein Leben ohne Leid, Unfriede und ohne Unrecht, das dieser Jesus verkündet hatte und das in seinen Wundern zeichenhaft aufleuchtete. Da half ihnen der Fremde, ihre Blicke darauf zu lenken, dass bereits das Alte Testament im Ganzen vom Tod und der Auferstehung des Messias, des Christus spricht. Er hielt gewissermaßen eine Bibelarbeit mit ihnen. Dabei loderte in ihrem Herzen etwas auf, was wie Balsam für ihre geschundene, verletzte Seele war. Eine Ahnung hatte sie ergriffen, dass das mit diesem Gekreuzigten irgendwie zu tun haben muss. Sie fassten das später in die Worte: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
Fast im Dorf angekommen, luden sie den Weggefährten zum Bleiben ein und saßen mit ihm zu Tisch. Er brach das Brot, segnete es und gab´s ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten in ihm den Gekreuzigten. Die Ahnung wurde zur Gewissheit: Er ist wahrhaftig auferstanden. Schlagartig wurde ihnen bewusst, er lebt. Doch sofort verschwand er vor ihnen. Alle Traurigkeit, alles Lähmende und Sinnwidrige verflog. So wurde bei ihnen Ostern. Denn die Hoffnung auf eine Welt, wie sie Jesus verkündete, war wieder da. Nun erkannten sie auch wieder Aufgaben für sich, für die es sich neu zu leben lohnte.
- Gedanken zum Monatsspruch März 2025, Lev 19,33
- Gedanken zum Monatsspruch Februar 2025, Ps 16,11
- Gedanken zum Monatsspruch Dezember 2024, Jes 60,1
- Gedanken zum Monatsspruch November 2024, 2 Petr 3,13
- Gedanken zum Monatsspruch Oktober 2024, Klgl 3,22-23
- Gedanken zum Monatsspruch September 2024, Jer 23,23
- Gedanken zum Monatsspruch August 2024, Ps 147,3
- Gedanken zum Monatsspruch Juli 2024, Ex 23,2
- Gedanken zum Monatsspruch Juni 2024, Ex 14,13
- Gedanken zum Monatsspruch Mai 2024, 1 Kor 6,12
- Gedanken zum Monatsspruch April 2024, 1. Petr. 3,15
- Gedanken zum Monatsspruch März 2024, Mk 16,6
- Gedanken zum Monatsspruch Februar 2024, 2 Tim 3,16
- Gedanken zum Monatsspruch Dezember 2023, Lk 2,30-31
- Gedanken zum Monatsspruch November 2023, Hi 9,8-9
- Gedanken zum Monatsspruch Oktober 2023, Jak 1,22
- Gedanken zum Monatsspruch September 2023, Mt 16,15
- Gedanken zum Monatsspruch August 2023, Ps 63,8
- Gedanken zum Monatsspruch Juli 2023, Mt 5,44-45
- Gedanken zum Monatsspruch Juni 2023, Gen 27,28