Was in uns Menschen selbst geschieht und was von außen einwirkt, vieles kann einem Kummer machen. Und manchmal wirft uns das aus der Bahn, lässt uns an Gott zweifeln. Da klingt der Satz des Paulus, ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? sehr trotzig, jedenfalls doch ein bisschen weltfremd.
Eine junge Frau, Anfang zwanzig, seit Jahren mit einem Mann verlobt und mitten in der Vorbereitung der Hochzeit, verliert ihren Bräutigam bei einem Verkehrsunfall. Unendlich ihr Leid, unsagbar ihr Schmerz. Alles Glück, ja das ganze Leben ist ein Scherbenhaufen geworden. Unbegreiflich für sie, die seit ihrer Kindheit an Gott glaubte, dass Gott ihr das zumutet. Und dem Pfarrer sagt sie im Trauergespräch: „Gott hat meinen Verlobten nicht bewahrt. Er hat zugelassen, dass alles zerbricht. Ich bin ihm scheißegal. Ich kann an diesen Gott nicht mehr glauben.“


Diese junge Frau hat besonders schmerzlich erfahren, dass unser Leben vielfältigen Bedrohungen ausgesetzt ist, unter denen es erdrückt oder gar verloren gehen könnte. Bei solchen Bedrohungen an Gottes Liebe zu zweifeln, ist keineswegs abwegig. Das vernehmen wir oft auch aus den Psalmen. Die Psalmbeter werfen allerdings Gott nicht einfach weg, sondern klagen ihm ihr großes Leid, auch ihre Not mit ihm, der ihnen so etwas zumutet. Und schließlich mündet ihre Klage meist in Lob und Dank trotz aller Bedrohung und allen Leides.
„In wie viel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet!“ So singen wir auch in einem bekannten Kirchenlied. Wer an Gott trotz aller Bedrohung des Lebens festhält, wird ihn erfahren können als einen, dessen Liebe dennoch stärker ist und der deshalb niemanden wirklich fallen lässt. So sieht es auch Paulus und beschreibt das in den Versen 32-39, die dem Monatsspruch folgen. Dieser Abschnitt ist ein großartiger Hymnus auf die Liebe Gottes. Darin eingebunden sind seine Erfahrungen äußerster Bedrängnis und Bedrohungen, die auch er erlebt und durchlitten hatte. Er deutet nicht nur an, sondern wird sehr anschaulich. Und gerade durch diese Erfahrungen hindurch stößt Paulus zur Gewissheit hindurch, niemals von der Liebe Gottes geschieden zu sein. Diese Liebe Gottes hat seinen Ort „in Jesus Christus“. Der Gekreuzigte ist als Sohn Gottes die Wirklichkeit der Liebe zu uns Menschen. Die Macht dieser Liebe hat sich in der Auferweckung des für uns Gekreuzigten erwiesen. Dieser Sieg der Liebe Gottes ist ein Sieg über alle Kräfte, die das Leben der Menschen bedrohen und zunichte machen wollen.

Diesen Gott preist Paulus in seinem Hymnus Röm 8,31-93.
Die Christen tun dies seit jeher mit großartigen und starken Kirchenliedern, wie z.B. dem folgenden (EG 398):

1. In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G’müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben; nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast’s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not.
Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren
mit hellem Schalle, freuen uns alle zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren,
lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja.

Text: Cyriakus Schneegaß 1598, Melodie und Satz: Giovanni Giacomo Gastoldi 1591; geistlich Erfurt 1598

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Paulus beantwortet diese rhetorische Frage selbst: Was auch immer dir droht, was auch immer dich verunsichert oder in Zweifel stürzt, es kann nichts ausrichten gegen die Liebe Gottes, die sich im gekreuzigten und auferstandenen Christus als Sieg erwiesen hat.
Der Herrschaftsbereich dieser alles durchwaltenden und das Heil schaffenden Liebe besteht schon jetzt. Doch so lange wir noch in irdischen Verhältnissen leben, haben wir noch mit Unheilsmächten zu tun. Aber durch die im Glauben wirksame Verbindung mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen dürfen wir Christen uns gegen sie stemmen und in der Gewissheit leben, dass deren Kraft nicht ausreicht, uns der Liebe Gottes zu entreißen. Gott ist für uns. Da kann letztlich nichts wider uns sein.