Gott hat sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat viel Gutes getan und euch vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, hat euch ernährt und eure Herzen mit Freude erfüllt.

Der Apostel Paulus verkündete diese Botschaft den Menschen in Lystra. Sie glaubten an andere Götter und meinten, dass alles Gute zum Leben von ihnen komme. Paulus verweist auf den einen und einzigen Gott, der auch sie liebt. Alle Wohltaten, alles, was ihnen zum Leben dient, ist Geschenk – von ihm, nicht von anderen Göttern, und daher ein Hinweis auf ihn.

Während damals jeder Mensch an irgendeinen Gott oder auch an mehrere glaubte, lehnen heute viele Menschen überhaupt den Glauben ab.

Das aber ändert nichts an der Haltung Gottes zu seinen Geschöpfen.

„Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.“ Wer in der ehemaligen DDR gelebt hat, kennt diese Parole der Partei-und Staatsführung, mit der sich die Menschen der Religion und im Besonderen dem christlichen Glaube als etwas total Widersinnigem und Widervernünftigem entgegen stellen sollten. „Wir brauchen keinen Gott. Sondern wir sind im Stande, uns alles selbst zu erarbeiten, was wir zum Leben brauchen.“ So lautete die Begründung.

Eine solche Überzeugung war nicht nur ein wichtiger Bestandteil der damaligen Staatsideologie, sondern ist unter den Menschen weit verbreitet. Manche von ihnen werden jedoch im Laufe ihres Lebens darüber sehr nachdenklich. Sie merken: Vieles im Leben haben wir in Wahrheit doch nicht in der Hand. Unerwartetes, überschäumendes Glück, Menschen, die unvermutet zu den treusten Freunden wurden, aber auch schlimme Krankheiten, Unfälle, schwere Schicksalsschläge und zuletzt der Tod kommen über uns - manchmal mit Vorankündigung, oft plötzlich. Keiner aber kann ausweichen. Auch wenn solche Gedanken der Begrenztheit menschlicher Möglichkeiten bis zu einem gewissen Punkt meist gut verdrängt werden können, so ist es die ungeschminkte Realität und macht deutlich: Was wir zum Leben brauchen, bekommen wir letztlich geschenkt – auch die Kraft, das Wissen, die Fertigkeiten und die Vernunft, uns in dieser Welt gut einzurichten und vieles produzieren zu können, was wir zum Leben brauchen und uns zum Wohle dient. Es ist letztlich alles geschenkt; und Gott ist in seiner Güte und Liebe zu seinen Geschöpfen so groß, dass er reichlich gibt - den Reichen jedoch auch mit der Verpflichtung, mit den Armen zu teilen. Auf diese Weise erreichen die guten Gaben Gottes einen jeden Menschen. Und er lässt sowieso die Sonne über einen jeden scheinen – über Gute und Böse, Gläubige und Ungläubige, Arme und Reiche. Und er lässt Früchte auf dem Felde wachsen und gibt Regen, Sonne und Wärme – alles so reichlich, dass es für alle langt. Das ist alles überhaupt nicht selbstverständlich, selbst wenn wir vieles davon naturwissenschaftlich erklären können.

Aus Gottes guten Gaben leben wir Menschen so selbstverständlich, dass sie als die Gaben Gottes meist nicht wahrgenommen werden – Grund für so viel Unzufriedenheit und Undankbarkeit unter den Menschen. Es ist so ähnlich wie in einer Geschichte über die Fische eines Flusses. Sie sprachen zueinander: „Man behauptet, dass unser Leben vom Wasser abhängt. Aber wir haben noch niemals Wasser gesehen. Wir wissen nicht, was Wasser ist.“ Da sagten einige, die klüger waren als die anderen: „Wir haben gehört, dass im Meer ein gelehrter Fisch lebt, der alle Dinge kennt. Wir wollen zu ihm gehen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen.“ So machten sich einige auf und kamen auch endlich in das Meer und fragten den Fisch. Als der Fisch sie angehört hatte, sagte er: „Oh, ihr dummen Fische! Im Wasser lebt und bewegt ihr euch. Aus dem Wasser seid ihr gekommen, zum Wasser kehrt ihr wieder zurück. Ihr lebt im Wasser, aber ihr wisst es nicht.“

Geschichte aus: Hoffsümmer, W.: Kurzgeschichten 1,Matthias-Grünewald-Verlag Mainz, 14. Aufl. 1993, S. 62.