Betriebsjubiläum eines mittelständigen Unternehmens. Der Firmeninhaber, damals schon etwa 65 Jahre alt, richtete ein Fest für alle Mitarbeiter aus. Ich wurde eingeladen, dort einen Dankgottesdienst zu feiern. Das Fernsehen war davor auch dort. Die Mitarbeiter erzählten dem Reporter, wie gut es ihnen im Betrieb gehe. Auch die Entlohnung sei gut; vor allem aber der menschliche Umgang des Chefs, der immer für sie da ist, sei beispiellos. Der Reporter fragte den Inhaber später, wieso er sich so verhalte.
Er antwortete: „Ich habe als Kind und Jugendlicher durch die Vertreibung und in den Jahren nach dem Krieg bittere Not erfahren müssen. Meine Mutter und wir Kinder waren auf der Flucht mehrmals vor Hunger fast umgekommen. Sie, die sehr gläubig war und uns auch so erzogen hatte, gab nicht auf. Und so sind uns doch immer wieder unerwartet die Münder gefüllt worden. Als ich Jahre danach mir mit Fleiß einiges erarbeiten konnte und schließlich einen Betrieb gründen und ihn immer weiter erweitern konnte, war für mich immer klar: Dass aus mir was geworden ist, dass ich mir auch ein solches Vermögen erarbeiten konnte, das ist nicht selbstverständlich, sondern ein Geschenk Gottes. Und weil es ein Geschenk Gottes ist, bin ich nicht viel mehr als ein Verwalter des mir Geschenkten. Und ich verwalte es so, dass ich, so viel es geht, davon abgebe an die, die mit mir, also in meiner Firma arbeiten. Ich brauche nicht mehrere Häuser und mehrere Autos und sonst irgendwelchen Luxus. Mir sind die Menschen wichtig. Deshalb teile ich auch mit ihnen.“
Als Bill Gates Anfang Januar 2008 seinen Rückzug aus Microsoft angekündigt hatte, um sich zukünftig ganz auf die Aufgaben in seiner karitativen Stiftung zu konzentrieren, bekannte er: „Ich glaube, dass mit dem Geschenk des großen Wohlstands eine große Verantwortung kommt." Und seine Frau fügte hinzu: „Wem, wie uns beiden, viel gegeben wurde, der soll auch viel zurückgeben."
Als Spruch für diesen Monat lesen wir im Hebräerbrief: Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen; denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen.
Empfangen und geben - das sind zwei Seiten einer Medaille, beides gehört also untrennbar zusammen. Allzu schnell vergessen wir das: Dass im Grundsatz wir alles geschenkt bekommen - das macht unseren Fleiß und unsere Arbeit meist nicht entbehrlich -, und dass unsere Mitmenschen auch etwas davon haben sollen, indem wir davon abgeben. Wohltätig zu sein und zu teilen zu jeder Zeit, so sollen wir handeln, nicht nur bei reicher Ernte oder wenn wirklich etwas übrig bleibt oder wir sonst keine Verwendung mehr für irgendwelche Sache haben. Und Gelegenheiten, Gutes zu tun und zu teilen, haben wir alle. Denn hier und überall in der Welt gibt es Menschen, die in Not sind.
Und obendrein gefällt es Gott, wenn wir so handeln. Wer weiß, dass er keine Leistung vor Gott erbringen muss, um ihm zu gefallen, aber weiß, dass ihm Gott letztlich alles zum Leben schenkt, der, so schreibt Martin Luther in seinem Sermon von den guten Werken, „wagt sich an alle Dinge, die zu tun sind. Er tut es fröhlich und frei, nicht um viele gute Verdienste und Werke zu sammeln, sondern weil es ihm eine Lust ist, Gott auf diese Weise zu gefallen.“