Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen! (Jes 1,17)
Wir sollen den Menschen, denen es nicht gut geht, die Unrecht erfahren und die am Rand der Gesellschaft leben müssen, helfen und uns für sie einsetzen. So können wir das, was am Ende einer längeren Rede Gott durch den Prophet Jesaja seinem Volk ausrichten lässt, in unsere heutige Zeit übertragen. Und solche mahnenden Worte sind auch heute noch nötig. Wir brauchen nur um uns zu schauen. Da sehen wir Not, Leid, Unrecht und menschenunwürdiges Ergehen bei vielen Menschen. Aber längst nicht alle Menschen sind zur Hilfe bereit oder zum Einsatz für die Rechte und Würde Betroffener. Viele verweisen auf den Staat. Es sei doch letztlich dessen Aufgabe, entsprechende Gesetze, Regelungen, Behörden und Institutionen zu schaffen. Schließlich bezahle man ja auch Steuern, damit solche Menschen durch ein soziales Netz aufgefangen werden können. Doch Gottes Wort suspendiert niemanden von dieser Aufgabe, den Staat nicht und erst recht nicht den einzelnen Menschen. Sie ist eine gemeinsame Aufgabe, wobei es in jedem Fall natürlich auf den einzelnen ankommt, egal, wo sein Platz in der Gesellschaft und auch in staatlichen Institutionen und Einrichtungen ist.

Es gibt aber, Gott sei Dank, solche helfenden Menschen dennoch überall. Sie sehen in den Bedürftigen ihren Nächsten und haben Erbarmen mit ihnen. Christen reden von Nächstenliebe. Sie versuchen, nach Jesu Doppelgebot der Liebe, z.B. in Mt 22,37-39, zu handeln: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt“ (5.Mose 6,5). Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3.Mose 19,18). Dem Nächsten sollen Christen so begegnen, wie sie es für sich selbst auch wünschen, wenn sie in seiner Lage wären. Sie wissen aber auch, dass sie da aus unterschiedlichsten Gründen vieles und vielen schuldig bleiben. Oft schieben sich die eigenen Interessen und die Selbstliebe so weit vor, dass der Einsatz für den Nächsten ins Hintertreffen gerät. Die Selbstliebe kann sogar so weit gehen, dass sie im Namen der Liebe zu Gott versucht, ihn für sich zu gewinnen und dabei den Nächsten übersieht, ihn nicht wahrnimmt. Und überhaupt: Gott will nicht den einseitigen oder gar ausschließlichen Blick auf sich, wie es im Alten Testament immer wieder bezeugt wird. Jesus bringt das im Doppelgebot der Liebe auf den Punkt, ebenso im Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,26-32). Er zeigt darin: Der Priester und der Levit sehen auch eher ihre eigenen, frommen Interessen und kümmern sich nicht um den unter die Räuber gefallenen Verletzten, der Hilfe bedarf.

Ähnlich ist es bei unserem Monatsspruch: Gott kritisiert vor diesem Vers die falsche, nämlich im Grunde genommen eigensüchtige Einstellung der Israeliten bei der Ausübung ihres Kultes, bei der der Nächste aus dem Blick geraten ist. Religiöses Handeln soll ethisches Handeln nicht abtrennen und unrechtes Handeln überdecken. Opfer und Gebete werden sonst entwertet und trennen letztlich von Gott. Die Bibel sagt es uns immer wieder: Die Liebe zu Gott ist nur wahrhaftig, wenn sie die Liebe zum Nächsten in gleichem Maße einschließt. Wird Gott in dieser Weise ernst genommen, dann erwächst daraus die Bereitschaft und auch die Kraft zu selbstloser Hilfe, die Gott anmahnt: Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen! Das heißt doch insgesamt:Die Menschen, denen es nicht gut geht, die Unrecht erfahren, die in irgendeiner Weise unterdrückt werden und die am Rand der Gesellschaft sich befinden, sollen nicht aus unserem Blick geraten. Sie brauchen unser uneingeschränktes religiöses, wirtschaftliches, politisches und persönliches Engagement. So will es Gott. Im Blick auf ihn, im Hören auf Christus, erkennen wir, was dabei unsere konkrete Aufgabe ist.