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    Familie Voigt

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    Weihnachtlicher Domplatz Erfurt im Lockdown 2020

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    Restaurierte Strobel-Orgel in der Unterkirche zu Bad Frankenhausen

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    Konzert der Meininger Hofkapelle im Dampflokwerk Meiningen

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Vor einiger Zeit sagte mir jemand: „Die Losung für das Jahr 2014 ist wunderbar.“ Gott nahe zu sein ist mein Glück. (Ps 73,28) Ich fragte nach, warum er sie so gut findet. Er antwortete: „Sie spricht mir aus dem Herzen.“

Geht es Ihnen mit diesem Wort aus Psalm 73 ebenso? Können Sie das auch so sagen wie der Beter des Psalms, oder spricht Sie dieses Wort nicht an? Ich selbst bin etwas zurückhaltend – und zwar wegen des Wortes „Glück“. Ich weiß, wie es der Beter hier wohl gemeint hat, aber das Wort „Glück“ zu verwenden, das widerstrebt mir etwas. Glück zu beschreiben, zu definieren, war schon immer schwierig und ist es heute ganz besonders.

Es ist ein schillernder Begriff, weil er ganz unterschiedlich gebraucht wird. „Glück gehabt“, sagen viele, die bedrohliche Situationen halbwegs glimpflich überstanden haben oder denen unerwartet Gutes widerfuhr, wie z.B. der Beinahe-Unfall, die ganz große Liebe oder das Behalten des Arbeitsplatzes nach einer Entlassungswelle. „Das Glück hat mich noch nicht verlassen“, sagen Glücksspieler oder solche, die eine „Glückssträhne“ haben. Der Dieb spricht von Glück, wenn er eine fette Beute gemacht hat und nicht erwischt wurde.
Meist ist mit Glück auch die Vorstellung verbunden, dass Glücksmomente und Glücksgefühle auch wieder vergehen, also nicht von Dauer sind, und sich nur selten eine anhaltende Glückseligkeit einstellt.
Mit dem mittelhochdeutschen Wort gelucke, aus dem das Wort Glück kommt und mit dem ein günstiger Ausgang eines Ereignisses konstatiert wird, wird ein solcher Gebrauch gestützt. In der Lutherbibel lautet der Vers: Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte. Der Blick in den hebräischen Urtext bringt Klarheit, was und wie es gemeint ist. Dort steht wörtlich übersetzt: Meine Annäherung an Gott ist gut für mich. Im Textzusammenhang von Ps 73 können wir den Vers gut wiedergeben mit: Meine Annäherung an Gott (Luther: Dass ich mich zu Gott halte) tut mir gut bzw. ist mir angenehm.

Wir Menschen sind natürlich darauf aus und auch darauf angewiesen, dass uns Gutes widerfährt. Deshalb tun wir zum einen auch einiges dafür. Zum anderen hoffen wir auch darauf, dass uns andere etwas Gutes tun – der Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister, Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen – und freuen uns, wenn wir dann solches von ihnen erfahren.
Der Psalmbeter ist überwältigt von Gutem, das er von Gott erfuhr. Er war mit schwerem Leid geschlagen. Zudem spotteten gottlose Menschen, denen es gegenüber ihm so gut ging, über ihn und über seinen Glauben an einen Gott, dem das Leid selbst der gläubigen Menschen kalt lässt und vom Treiben der Menschen keine Kenntnis nimmt. In seiner qualvollen Not suchte er Zuflucht im Tempel in Jerusalem. Hier wurde dem mehrfach Gequälten die Gewissheit geschenkt, Gott nahe zu sein und Gemeinschaft mit ihm zu haben. Daraufhin wichen von ihm die Bedrohung durch das Leid und die Anfechtung des Glaubens durch die Spötter. Dankbar und voller Freude bekannte er: Gott nahe zu sein ist mein Glück bzw. nach Luther: Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte. Er redete darüber. Alle sollen wissen, wie Gott ist, was an Gutem er bewirkt.

Menschen berichten uns bis heute über ähnliche Erfahrungen.
Ein Banker kommt immer wieder in die Gottesdienste. Eines Tages erzählt er: „Ich bin zwar kein treues Kirchenmitglied. Aber ich muss immer wieder in die Gottesdienste kommen. Da erfahre ich etwas von der Liebe Gottes. Da wird mir der Segen zugesprochen. Da bekomme ich die Kraft, mich auch gegen die verantwortungslose Geldpolitik zu wehren - so gut ich kann. Ich trage doch Verantwortung für all die Menschen, für die wir das Geld verwalten. Da gibt’s auch oft Schwierigkeiten mit den Chefs, die mich deshalb madig machen und an meiner Würde kratzen. Vielleicht setzen sie mir über kurz oder lang auch den Stuhl vor die Tür. Ändern kann und will ich das alles allerdings nicht. Es ist so, wie es ist. Aber in den Gottesdiensten spüre ich Gottes Nähe. Da verliert die Bedrohung an Bedeutung, da bekomme ich Zuspruch und Kraft für den Umgang mit den Menschen, die zu mir kommen und von mir erwarten, dass ich sie fair behandele und verantwortungsvoll mit ihrem Geld umgehe. Ich würde sonst verrückt werden.“
Eine alte, alleinstehende Frau, sie besucht sehr selten die Gottesdienste, kommt regelmäßig in die Frauennachmittage. Der Pfarrer, noch nicht lange in der Stelle, spricht sie an, um sie näher kennenzulernen. Sie sagt, in die Kirche könne sie wegen der Uhrzeit der Gottesdienste kaum kommen. Doch diese Nachmittage brauche sie. Hier höre sie gute, tröstliche Worte, aus denen sie die nächsten Tage leben kann. Hier erfahre sie Gemeinschaft, die sie so sehr vermisse, und die Gewissheit, dass sie eben nicht allein ist und dass auch Gott für sie da ist und ihr hilft, den Alltag bewältigen zu können. „Sie können sich nicht vorstellen, wie gut mir diese Nachmittage tun“, sagt sie zum Schluss.
Die Leiterin einer Diakoniesozialstation bittet darum, noch häufiger Gottesdienste in der Einrichtung zu feiern. Einige Schwestern sagten ihr, sie brauchten den Zuspruch Gottes angesichts von so viel Not und Leid, auch um die Gewissheit nicht zu verlieren, dass trotz allem Leid und manch verlorenem Kampf gegen den Tod nichts vergeblich ist, weder die Kraft noch die Liebe für die Patienten.
Eine Frau im mittleren Alter, die nie etwas mit der Kirche zu tun hatte, taucht immer öfter in den Gottesdiensten auf. Dann sucht sie das Gespräch mit dem Pfarrer und erzählt ihm, dass sie Leukämie habe. Die erste Behandlung sei nicht ganz erfolgreich gewesen. Sie müsse viele Medikamente schlucken und fühle sich miserabel. Sie wusste seit der Diagnose nicht mehr ein und aus. Mitten im Leben – und dann das! Sie bekam große Angst. Eine Freundin überredete sie schließlich, mit in einen Gottesdienst zu kommen. Seitdem, so sagte sie, verliere sie nach und nach die Angst vor dem Ende. Da spüre sie etwas von der Liebe Gottes und werde immer gewisser, dass am Ende sie nicht ins Nichts fallen, sondern von Gott gehalten und geborgen werde. Auch gewinne sie Hoffnung und Zuversicht, dass ihr noch einige Zeit geschenkt werde. Unheimlich kostbar und wertvoll werde so jeder Tag für sie. Dass sie einen Tag um den anderen so erleben darf, das ist so etwas Gutes und mache sie glücklich – trotz dem Wissen, dass es natürlich auch mal ganz schnell zu Ende sein kann.

Gott nahe zu sein ist mein Glück. Oder nach Luther: Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte. Ich selbst kann das, wie viele andere Menschen auch, immer wieder bekennen. Die dankbaren Worte des Psalmbeters wie auch die vielen Erzählungen anderer Menschen über solche Erfahrungen sind auch als Einladung zu verstehen: Auch du, der du doch nach unverliebar Gutem und nach beständiger Freude im Leben strebst – beides in dieser Welt so nicht zu haben -, wirst das erfahren können. Bei Gott. Suche seine Nähe.
Diese Einladung gilt auch an jedem Tag des neuen Jahres 2014. Schließlich soll auch dieses Jahr eins werden, in dem Sie und ich und viele Menschen durch Gott glücklich und fröhlich werden oder bleiben.