Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander! ( Mk 9,50) „Hört sich an wie ein Gesundheits- und Wellness-Tipp“, sagte neulich jemand und schob leicht verlegen nach: „Na ja, ich weiß eben nicht, wie ich das so richtig verstehen soll.“

In der Tat, erst wenn wir diesen Vers im Textzusammenhang lesen, erschließt sich relativ sicher, was wohl damit gemeint ist: Habt Salz in euch. Wir müssen dazu vor allem die ersten beiden Teile dieses Verses mitlesen, die da lauten: Das Salz ist gut; wenn aber das Salz nicht mehr salzt, womit wird man´s würzen? Dann erst folgt der Text unseres Monatsspruches.

Was war geschehen, dass Jesus die Belehrung seiner Jünger nun mit einer solchen Mahnung abschließt? Er hatte ihnen zuvor sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung angekündigt. Sie aber stritten unmittelbar danach, wer von ihnen wohl der Größte sei. Sie hatten also nichts verstanden. Jesus ging es ums Dienen, ums Kleinsein, um die Schwierigkeiten in seiner Nachfolge. Sie aber stritten sich um ihr Großsein.

Er belehrte sie nun, dass es in seiner Nachfolge nicht um Vorzugsplätze geht, sondern darum, sich bewusst zu werden und sich zu wehren gegen verführerische Gedanken, sich von ihm und seinem Auftrag loszusagen. Denn die Welt wird sich ihnen entgegenstellen, wenn sie sich zu ihm bekennen und seine Botschaft weitertragen, so wie sie sich auch ihm selbst entgegengestellt. Zur Nachfolge gehört das Leiden, das Aushalten der Bedrängnisse und Anfeindungen. Ansonsten machen die Jünger das wirkungslos, was sie mit Gott verbindet.
Sie aber sollen wissen, dass es etwas gibt, um dem widerstehen zu können. Die Wirkung entspricht der des Salzes. Wenn etwas gesalzen wird, so bleibt die Ware aufgrund seiner ätzenden Wirkung vor dem Verderben bewahrt. Das Salz ist gut, sagt nun Jesus. Und weiter: „Habt Salz in euch!“ Er meint damit sein Wort, das sie im Glauben an ihn empfangen. Er meint damit auch die guten zwischenmenschlichen Beziehungen der Nachfolger und auch die kompromisslose Treue zu ihm. Das alles hilft, trotz aller Bedrängnisse bei Gott zu bleiben, zu Gott zu gehören. Und es hilft, im Frieden miteinander zu leben.

Diese Worte Jesu sind in heutiger Zeit genauso aktuell wie damals. Und es gab und gibt nicht nur Prominente, die immer wieder „Salz“ in sich aufgenommen haben, um widerstehen zu können, wie z.B. Dietrich Bonhoeffer oder Paul Schneider, beide in KZs ermordet.
Ich habe viele Christen vor Augen, die in Diktaturen wie der ehemaligen DDR trotz aller Bedrängnisse, Schikanen und Gefahr für Leib und Leben sich an Gottes Wort und an Jesus Christus festgehalten haben. Die die Gemeinschaft der Christen gesucht haben und so widerstehen konnten. Und die eben auch auf diese Weise zu Zeugen Jesu Christi und seines Evangeliums wurden.
Ich sehe dabei auch viele Christen heutzutage, die bei der immer stärker werdenden Moralisierung und Monopolisierung des öffentlichen Gesprächs zu gesellschaftlichen und politischen Fragen durch die EKD standhaft bleiben und eigene Positionen vertreten. Die dabei der Stimme des an ihren Glauben gebundenen Gewissens folgen und dem Druck, dem sie in irgendeiner Weise auch von den Kircheneliten ausgesetzt werden, nicht ausweichen. Die nicht wollen, dass die Anstößigkeit, die Ecken und Kanten, die das Evangelium nun mal heilsamerweise hat, abgeschliffen werden, nur damit es breite Akzeptanz in der Welt findet. Die deshalb auch nicht wollen, dass die Kirchenoberen ihr bereits errungenes Monopol im öffentlichen Diskurs gesellschaftlicher, politischer und ethischer Fragen weiter ausüben oder gar weiter ausbauen[1]. Die vielmehr wollen, dass sich die Kirchenleitungen zugunsten der Vielfalt an Glaubensüberzeugungen, die dem Evangelium entsprechen, zurücknehmen und auf ihren Monopolanspruch, den sie oft mit dem Verweis auf die Pflicht zur Loyalität verbinden, verzichten. Dass sie also ganz im Sinne der Grundauffassungen der Reformation agieren.
Und ich denke nicht zuletzt an die vielen Christen im arabischen Raum, die sich eher von der islamischen Terrormiliz IS umbringen lassen, als ihren Glauben aufzugeben und zum Islam überzutreten.

In der Nachfolge Christi zu bleiben und damit die heilsame Verbindung zu Gott nicht zu kappen, dazu hilft, dieses „Salz“ immer wieder in sich aufzunehmen. Es hilft auch dazu, Frieden untereinander zu halten. Auch diese Erfahrungen wurden und werden bis heute gemacht. Unfrieden untereinander entsteht ja oft, wenn einer besser oder größer oder wichtiger und bedeutender sein will als der andere. Doch jeder, der ernsthaft Jesus Christus nachfolgt, wird sich um friedliche Verhältnisse mit den anderen bemühen - in den Gemeinden, den Gruppen und Kreisen, den Gremien der Landeskirche usw. So sollte es zumindest nach dem Willen Jesu sein. Es sitzen ja im Grunde genommen alle im gleichen Boot. Und wenn in ihm Streit und Unfrieden herrscht, kann das zum Nachteil aller, ja sogar zum Kentern und Untergang führen.

Es gibt viele Christen in unseren Gemeinden, die dieses „Salz“ immer wieder aufnehmen, um den Gefährdungen und den verführerischen Mächten der Welt widerstehen und in echter Nachfolge Jesu ihr Leben gestalten zu können. Aber das andere kennen wir auch. Da tritt solche Nachfolge in den Hintergrund gegenüber dem Streben nach Ehre, Macht und Ansehen. Und Unfrieden wird dabei in Kauf genommen.

Nein, so soll es nach dem Willen Jesu nicht unter Christen sein. Denn es steht damit die heilsame Beziehung zu Gott auf dem Spiel. Deshalb legt er uns Christen, seinen heutigen Jüngern, ans Herz: Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander!

 


[1]      Bischof Wolfgang Huber, zitiert bei M. Drobinski: Das offene Fenster, SZ 8.12.2005: „Kirche ist die Fortsetzung des Staates mit religiösen Mitteln.“, Zitat aufgenommen von R. Ziegert in: Die EKD und das neue Mittelalter, Deutsches Pfarrerblatt 7/2016, S. 384.