Zwei Männer begegnen sich in einer Tagesklinik. Zwei Wochen werden sie tagsüber dort wegen ihrer chronischen Leiden behandelt. Schnell merken sie, sie verstehen sich ganz gut. Und so reden sie nicht nur über ihre Krankheit, sondern viel über ihr Leben, ihre Familie, ihren Beruf und ihre Interessen. Einer von den beiden erzählt über sein Engagement in der Kirche und schließlich auch über seinen Glauben, und wie er aus ihm immer wieder die Kraft bekommt, mit seiner Krankheit gut umzugehen. Eines Tages, als das Gespräch wieder einmal auf dieses Thema kam, sagt der andere: „Wie gut habt´s ihr, die ihr einen Glauben habt.“

Ja, der Glaube hilft in den Stürmen des Lebens. Er trägt, wo die Lasten schwer werden, der Weg steinig wird, Orientierung und Lebensperspektive abhanden kommen und die Hoffnung auf Besserung versiegen will. Doch Christen kennen auch die andere Seite. Und die meisten von ihnen können oder wollen mit einem solchen Glauben, der seine ganze Hoffnung auf Gott setzt, nichts mehr anfangen.

Bei vielen Beerdigungen habe ich mich gefragt, bei wie vielen von denen, die jetzt da sind und die biblische Botschaft von der Auferstehung und von Gottes neuer Welt hören, von Hoffnung auf ein unverlierbares Leben und Geborgenheit über unseren Tod hinaus, bei wie vielen von ihnen also diese Worte, die trösten, Hoffnung vermitteln und Kraft entfalten, in den Herzen Eingang finden. Am meist sehr kümmerlichen Gesang, am kaum noch mitgesprochenen Vaterunser wird deutlich, wie wenig selbst unter Christen diese Dimension des Glaubens eine Rolle spielt.

Eine über siebzigjährige Frau, die mehr als 30 Jahre Kirchenälteste war, sagte mir in einem sehr persönlichen Gespräch: „In der Kirche fühle ich mich wohl. Da stimmt das Gemeinschaftliche. Und man geht auch ehrlicher miteinander um als woanders. Die Bibelworte tun mir gut. Nur eines ist mir nicht möglich: zu glauben, dass Jesus von den Toten auferweckt wurde, und dass es überhaupt einmal eine Auferstehung der Toten geben wird. Da kann ich nicht mit.“ Als wir darüber redeten, was uns Kraft gibt im Leben und worauf wir hoffen, sprach sie: „Gemeinschaft mit anderen pflegen, vor allem in der Verwandtschaft und der Kirche, das gibt mir Kraft, auch wenn es mir schlecht geht. Und wenn´s mal zu Ende gehen wird mit mir, dann ist eben alles aus und vorbei. Ich kann mir kein Danach vorstellen. Das einzige, worauf ich hoffe ist, dass ich bei allen, denen ich Gutes getan habe, in guter Erinnerung bleibe.“

Ja, so kann man leben. So leben viele. Doch es ist eigentlich ein armer Glaube und ein armes Leben, egal, ob himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt, ob erfolgreich oder als Verlierer, ob gesund oder krank, ob in fast grenzenloser Freiheit Lebender oder unter Zwängen sein Dasein Fristender. Wo nicht mehr aus dem Wort Gottes, wie wir es aus der Bibel kennen, gelebt wird, bleibt der unendlich kostbare und unzerstörbare Schatz Gottes verborgen: Heil, ewiges, unverlierbares Leben, das sich im Heute hier und da schon mal wie ein zartes Pflänzchen zeigt: wenn Menschen getröstet werden, sie wieder Licht am Ende des Tunnels sehen, wenn Schuld vergeben wird und Neuanfänge möglich werden, wenn Gewissheit aufkeimt, dass man nicht tiefer fallen kann als in Gottes bergende, helfende und heilende Hand. Solches Leben ist reich und kostbar. Und manchmal drücken es Christen auf ihre Weise z.B. so aus: „Als meine Familie zerbrach, wäre ich auch zerbrochen, wenn ich nicht Kraft durch meinen Glauben bekommen hätte.“ Oder nach einer Trauerfeier: „Ohne den Trost durch Worte aus der Bibel, die mir Halt und Hoffnung geben, würde ich verrückt werden.“ Oder ein Reicher: „Ich weiß genau, ohne meinen Glauben an Christus, ohne sein Evangelium, hätte ich mein Leben anders gelebt, hätte sicherlich maßlos zugelangt, wo es nur ging, und das mit Sicherheit zum Schaden und auf Kosten anderer, denen es ohnehin viel schlechter geht als mir.“ Oder ein von Krebs Geheilter: „Als ich die Chemo bekam, war das, als ginge ich durch die Hölle. Doch auch da spürte ich, dass ich nicht allein und verlassen war. Mir haben Worte aus dem 1. Samuelisbuch geholfen, wo steht: Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. (1 Sam 2,6)“

Solch kostbares Leben können wir jedoch auch wieder verlieren. Diese große Sorge trieb auch schon den Verfasser des 2. Petrusbriefes um. In vielen Gemeinden sah er, dass Christen zunehmend weniger Wert auf Gottes kommende, neue Schöpfung legten. In ihrem Glauben meinten sie, jetzt schon vom Tode befreit zu sein, daher brauche es keine Auferstehung und die Erwartung einer neuen Schöpfung. Die Zukunft sei jetzt schon erfüllt, was ein Leben in grenzenloser Freiheit eröffnet und keine Hoffnung auf ein neues Leben mehr braucht. Deshalb sein mahnendes Wort, das der Spruch für diesen Monat ist: Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. (2 Petr 1,19)

Wir könnten es im Sinne des Verfassers so sagen: Was die Propheten angesagt haben über Gottes neue Welt, was Christus über das Kommen und den Anbruch des Reiches Gottes und unsere Zukunft bei ihm und mit ihm verkündet hat und ebenso die Apostel nach ihm, das sind nach wie vor zuverlässige Worte in einer Welt, in der es viel Dunkel gibt. Schätze sie nicht gering, damit es dir in deinem Glauben nicht abhanden kommt, dass Gott auch für dich eine heilvolle, ewige Zukunft bereithält. Wie der Schein des Morgensternes, der noch mitten in der Nacht aufleuchtet und doch schon diesen anbrechenden Tag ankündigt, so werden diese Worte auch in deinem Herz aufstrahlen und das Dunkel und die Finsternis in deinem Leben erleuchten, damit du Wege erkennst, die du gehen kannst. Damit du nicht fällst, wenn du stolperst. Damit du die Orientierung und die Hoffnung nicht verlierst und auch nicht den Sinn und das Ziel deines Lebens, das Gott herrlich vollenden wird.