Mozarts Singspiel, 1786 zwischen „Entführung“ und „Figaro“ entstanden, hat eine Schwäche: das ist sein Libretto (Gottlieb Stephanie d.J.). Die Musik (Ouvertüre, 2 Arien, 1 Terzett und finaler Rundgesang) ist köstlich. Um der Schwäche abzuhelfen, hat der Leiter der Musik-Bühne Mannheim e.V., Eberhard Streul, 2006 im Auftrag des DSO Berlin eine Neubearbeitung vorgelegt, die mit Otto Schenk in der Titelrolle und unter der musikalischen Leitung von Sir Neville Marriner uraufgeführt wurde.

Dieses Stück ist seitdem Bestandteil des Spielplans der Musikbühne und bereitet größtes Vergnügen, so im Goethetheater Bad Lauchstädt mit der KammerAkademie Halle unter Leitung von Matthias Gallien (geb. 1973, auch Solobratscher der Staatskapelle Halle).

Nun geht das Stück so: Nach der presto C-Dur- Ouvertüre tritt der Schauspieldirektor (Otto Schenk) ans Pult. Er soll eine Festrede über die Bedeutung Mozarts halten. Das verlangt sein Sponsor, der Hersteller von Mozartkugeln, von ihm. Nach 2 tief bedeutenden Sätzen fällt der Name Friedrich Schiller – und Schenk stellt fest: die Bedienerin hat mir die falsche Rede in das (übergroße!) Jackett gesteckt. Die Schiller-Rede war ein Auftrag der Firma „Nordsee“ (wegen der Schiller-Locken). Er sucht nochmals und findet eine Rede über Einstein („relativ interessant“), dann extemporieren er über Mozarts Liebschaften (und entrollt wie einst Leporello die Liste der Damen). Der Inspizient (Tenor, in der Originalfassung Monsieur Vogelsang) Thomas Jakobs unterbricht: „Die Damen streiten…!!!“ Madame Herz (Eva Maria Haas) stürmt die Bühne, Madame Silberklang (Daniela Grundmann)hinterher: „Ich bin die erste Sängerin…“! Schenk versucht zu schlichten (indem er jeder eine Tafel mit der Nr. 1 gibt), was die Damen aber erst recht übereinander herfallen lässt. Der Tenor ist nicht zu beneiden, das Publikum freut sich am Terzett. Danach weiß jeder, wer wirklich singen kann (hohes D und F). Nun ja, es schmerzt etwas. Zauberhaft hingegen „Adagio“ gegen „Allegro“, gesungene Dynamik, die der Tenor mit „piano, pianissiomo“ zu beruhigen sucht.

Um den Streit der Primadonnen zu schlichten, läßt er jede eine Arie singen. Danach wird die Dauer des Applauses gemessen (Tenor mit Stoppuhr). Zuerst Madame Herz: ihre Arie erfordert neben der Höhe auch dramatisches Potential, die von Madame Silberklang Koloraturen. Letztere nimmt vor ihrem Vortrag den Schauspieldirektor zur Seite. Der Dirigent hätte etwas gegen sie, er würde die Arie so langsam nehmen, dass sie Atemnot bekäme. Ob er nicht dirigieren könne… er müsse ja nur die Arme bewegen. Das tut er köstlich (auch die Beine!). Erst gaaanz langsam, dann viel zu schnell… bis die Diva entnervt den Dirigenten zurückholt, der Schenk ein „äußerst talentiert“ nachwirft. Da das Publikum keine der Damen präferiert, kommt, was kommen muss: der Mäzen tritt auf (ursprünglich Buff, Bass). Die Damen mögen gefälligst Genuss zelebrieren und sich einen Versöhnungskuss geben. Als sie sich in die Arme sinken, schreit Schenk entsetzt: „Nicht beißen!“ - Finale! „Künstler müssen freilich streben, stets des Vorzugs wert zu sein. Doch sich selbst den Vorzug geben, über andre sich erheben, macht den größten Künstler klein.“

Als Zugabe darf Schenk noch einmal dirigieren: Johann Strauß Sohn „Unter Donner und Blitz“ op.324 (der „richtige“ Dirigent begibt sich an die Becken). Irgendwie geht es gut, Schenk (1,60 m) sinkt dem Dirigenten (2,0 m) an die Brust… die Darsteller werfen Mozartkugeln ins Publikum und alle sind glücklich. Ein Mozart zum Kugeln…