Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt. Reden wir so miteinander? Die Sprachkultur vieler ist wohl eher eine andere. Ich denke dabei an Talk-Shows im Fernsehen, wo andere niedergemacht, bloßgestellt und verunglimpft werden. Ich denke daran, wie ruppig es unter uns oft zugeht – ohne menschlichen Anstand und Achtung der Würde des anderen. Sprüche wie: Auf einen groben Klotz gehört eine grober Keil; oder: Wenn der andere mit meiner Direktheit und Offenheit nicht klarkommt, ist das sein Problem, sind wohl auch alles andere als das, was der Bibelspruch meint. Ich denke an die sozialen Netzwerke. Da wird gegen andere geätzt, gepoltert, gemobbt und gedroht. Christen sollen mit anderen so nicht reden und ihnen antworten.

Es soll keine Tür zum anderen zugehen, und es sollen keine Blockaden eintreten. Das aber passiert meist, wenn die falschen Worte gesagt und ein falscher Zungenschlag bewusst eingesetzt werden und wenn sich im Ton absichtlich vergriffen wird. Uns fallen dazu sicherlich viele Beispiele aus dem eigenen Leben ein. Doch geht das überhaupt? Und soll das, was eben auch einmal klar ausgesprochen werden muss, unter den Tisch gekehrt werden?

Wir schauen noch einmal genauer auf unseren Bibelvers. In der neuen revidierten Lutherbibel steht nicht mehr das Wort „freundlich“, sondern es wurde der griechische Ausdruck „en chariti“ nunmehr mit „wohlklingend“ übersetzt. Das kommt der Grundbedeutung des Wortes „charis“ mit „Anmut, Lieblichkeit, Liebenswürdigkeit“ näher. Wir sollen mit dem anderen liebenswürdig reden, also so, dass er bei allem, was wir sagen, nicht den Eindruck bekommt, dass er uns egal ist und wir ihn nicht mehr lieben. Dass das oft nicht einfach ist, wissen wir. Es fällt gerade dann schwer, wenn wir uns über das, was andere sagen, ärgern oder es uns gar verletzt hat. Wie schnell ist etwas erwidert, was den Eindruck von Lieblosigkeit vermittelt und sich menschlich gesehen wie eine fast unüberbrückbare Mauer der Distanz aufbaut. All die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Seelsorge müssen das im besonderen Maße immer im Auge behalten, wenn sie Beratungs- oder Seelsorgegespräche führen. Denn wer mit einem hilfe- und ratsuchenden Menschen lieblos umgeht, wird demjenigen nicht helfen können. Da entsteht kein Vertrauen; „er macht die Schotten dicht“.

Also doch heikle Dinge lieber nicht ansprechen, wenn man nicht weiß, wie sie angesprochen werden sollen? Der Kolosserbrief rät nicht dazu. Unsere Rede soll aber mit Salz gewürzt sein. Das heißt ja zunächst einmal, wir sollen Antworten nicht schuldig bleiben. Sie sollen jedoch nicht lieblos sein, dennoch würzig wie Salz.
Jesus selbst gebraucht das Bild vom Salz als Würze. In der Bergpredigt sagt er: Ihr seid das Salz der Erde. Und im Markusevangelium warnt er die Seinen vor den Verführern mit den Worten: Habt Salz bei euch und habt Frieden untereinander.
Salz klärt, heilt und reinigt. Die Menschen wissen das seit Urzeiten. Und auch im Alten Testament wird in einigen Geschichten über diese Wirkung des Salzes geredet (u.a. 3. Mose 2,13; 4. Mose 18,19; 2. Kön 2,21). Wenn wir dies alles bedenken, erschließt sich der Sinn: Eine mit Salz gewürzte Rede soll Klarheit bringen, soll reinigen und heilen und soll dem Frieden dienen.

Beachtenswert ist, dass der Verfasser des Kolosserbriefes mit dieser Mahnung Christen in Kleinasien anspricht, die stark verunsichert sind, weil außenstehende Mitmenschen ihnen Fragen zum Glauben an Christus stellen. Sein Rat, eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt, soll zu einer wirklichen Kommunikation führen. Es soll niemand vor den Kopf geschlagen werden oder ihm irgendeine Meinung oder Bibelstelle um die Ohren gehauen werden. Sondern die Argumentation mit ihnen soll wie Salz wirken: aufreizend, aber doch ebenso auch schmackhaft und dazu heilend und Gutes bewirkend für ihr eigenes Leben, so dass auch sie den Weg zum Glauben finden können. So mit den Mitmenschen zu reden, bewahrt vor falscher, aufdringlicher Propaganda, wie sie leider auch heute immer wieder einmal unter Christen anzutreffen ist.

Die Mehrheit unserer Mitmenschen heute lebt nicht (mehr) im Vertrauen zu Gott in Jesus Christus. Doch oft haben sie an Christen, an die Kirchen Fragen, weil sie ahnen oder von ihnen erwarten, dass sie Antworten haben, die ihnen helfen können. Ihnen mit vorwurfsvollen Erwiderungen, Rechthaberei, Besserwisserei oder auch mit dogmatischen Lehrsätzen zu begegnen, wäre falsch und hilft ihnen nicht. Sondern, indem wir ihnen erzählen, wie wir selbst Gottes Gnade, Liebe und Hilfe in unserem Leben erfahren haben, scheint etwas davon auch in ihr Leben hinein. Das wirkt wie Salz. So kann es Gutes auch für sie bewirken - Gnade und Heil.