Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer im 8. Kapitel: Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Paulus behauptet, dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt als nur die unserer irdischen Zeit mit all ihrem Leid. Jene Wirklichkeit aber ist allein bedeutsam. Wir werden in ihr stehen und sie erfahren als Lichtglanz der göttlichen Herrlichkeit. Doch ist das noch nicht zu sehen. Aber, so schreibt er dann weiter, wir dürfen darauf hoffen.

Viele Menschen unserer Zeit können damit aber nicht viel anfangen. Reden wir über die Hoffnung auf ein besseres Jenseits, wird das oft als Vertröstung empfunden, als Flucht aus den harten und schmerzlichen Realitäten in unserem Leben. „Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.“ Dieser vom römischen Dichter Ovid geprägte Satz ist bis heute voll im Schwange - in Glaubensdingen heute vielleicht mehr als jemals zuvor. Drückt er doch aus, dass man nicht auf aussichtslose Dinge hoffen sollte. Da macht man sich doch nur zum Deppen. Es ist ratsam, lieber den Sperling in der Hand zu haben als die Taube auf dem Dach, falls dort überhaupt eine Taube sitzt. Es zählt das Hier und Heute, nicht das, was mal vielleicht sein könnte und daher wohl eine Illusion bleibt.

Paulus denkt nicht so und die an Christus glauben auch nicht. Denn ihre Hoffnung ist keine Illusion. Sie ist im Gegensatz dazu das geduldige Erwarten dessen, was noch nicht in der Welt zu sehen ist. Paulus schreibt in diesem ganzen Briefabschnitt über den Grund solcher Hoffnung. Er liegt in der Taufe. Da wird der Getaufte zum Kind Gottes und somit zum Bruder Christi. Und so wie er an der Lichtherrlichkeit Gottes teil hat, so werden auch die Getauften daran teil haben, sofern sie im Glauben an ihn bleiben und sich von Gottes Geist leiten lassen. Oder noch kürzer im Vers 17: Als Gottes Kinder sind wir, wie Christus auch, Gottes Erben und werden in den ganzen Lichtglanz seiner Herrlichkeit hineingenommen. Wir werden also verherrlicht werden, wie Christus bereits verherrlicht ist (1 Petr 1,11).

Und was heißt das dann konkret? Nun, beschreiben können wir diese Herrlichkeit Gottes nicht. Aber sie lässt sich umschreiben. Wir werden Christus gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist (1 Joh 3,2). Gott wird in seiner Liebe alle Menschen vom Tod auferwecken, alle Herrschaft und Macht und Gewalt endgültig vernichten und alles neu machen, befreit von allem Übel der jetzigen Welt (1 Kor 15).

Das Leid als eines der drei Übel im Leben eines jeden Menschen in dieser Welt wird nicht mehr sein. Danach sehnt sich wohl jeder Mensch. Aber auch die anderen Geschöpfe dieser Welt leiden. Sie leiden an uns Menschen. Und wir Menschen fügen uns sogar untereinander Leid zu. Alles Geschaffene, die ganze Schöpfung, sagt Paulus, ist der Vergänglichkeit und dem Leid unterworfen. Doch die Leiden dieser Welt und Zeit reichen nicht in alle Ewigkeit. Denn Gott hat in seiner Liebe, so sagt Paulus, seinen Geschöpfen die Hoffnung gegeben, dass auch sie frei werden von allem Übel, frei werden also auch vom Leid und der Vergänglichkeit.
Paulus kann das ganz gelassen sagen. Er kann gelassen von den Leiden dieser Welt und Zeit reden, weil er weiß: Das ist nicht alles. Wir haben eine begründete Hoffnung!

Bert Brecht soll einmal gesagt haben: „Ich gestehe es: Ich habe keine Hoffnung! Die Blinden reden von einem Ausweg! Ich sehe! Wenn die Irrtümer verbraucht sind, sitzt uns als letzter Gesellschafter das Nichts gegenüber.“

Schlimm, keine Hoffnung zu haben. Hin und wieder ergibt es sich für mich, an weltlichen Trauerfeiern teilnehmen zu müssen. Oft sprechen mich danach andere Teilnehmer an, die sich wie ich fragen, an was sich Menschen ohne Glauben und ohne die aus ihm erwachsene Hoffnung eigentlich festhalten. Wie können sie wirklichen Trost erfahren in ihrem Leid, wenn sie keine Hoffnung haben? Uns Glaubende tröstet, wenn Paulus sagt: Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Uns tröstet immer wieder, dass einmal alles Leid, alle Qual, alle Irrtümer, alles Vergebliche, alles Verkehrte ein Ende haben wird. Uns tröstet, dass die Leiden dieser Welt und Zeit Leiden dieser Zeit und Welt sind und nicht für die Ewigkeit. Und es tröstet uns, dass die ganze Schöpfung in diese Erlösung hinein genommen wird.

Ist das wirklich eine Vertröstung auf ein besseres Jenseits, wie es oft gesagt wird? Wenn die Bibel, wenn Kirche und Christen von einem besseren Jenseits sprechen, so doch nie so, dass man getrost die Hände in den Schoß legen und einfach darauf warten soll. Wir haben nie die Hände in den Schoß gelegt. Wir haben geholfen, wo es möglich war. Diakonie war und ist eine Lebensäußerung von Kirche. Kirche ohne Diakonie gibt es nicht. Und wo es möglich ist, werden Christen auch in Zukunft alles tun, um Leid zu lindern und Leidenden zu helfen. Wo das aber nicht möglich ist, werden sie nichts schönreden, sondern zugeben, dass es auch Leid gibt, gegen das wir nichts tun können.
Doch auch darin sind wir nicht ohne Trost. Im Leid stehen wir nicht allein. Schließlich hat unser Herr Jesus Christus das Leid der Welt auch erfahren und getragen.

So liegt die ganze Last des Leidens nicht nur auf uns. Der Herr der Welt trägt mit. Und er setzt dem Leid ein Ende. Dann nimmt er uns in den Lichtglanz seiner Herrlichkeit hinein. Und wir sind am Ziel – der heilvollen Vollendung unseres Lebens. Es bleibt nichts mehr offen; und keine Übel belasten uns mehr. Dann ist alles gut.