Kennen sie auch total Fußball oder Handball begeisterte Fans? Sie sind immer da, wenn ihre Mannschaft spielt – egal wo. Sie gehen mit ihrer Mannschaft durch Dick und Dünn. Sie können und wollen gar nicht anders. Zu mir sagte einmal einer, die erste Geige in seinem Leben spiele der Fußball noch vor allem anderen, z.B. auch vor der Familie und Arbeit. Das versteht beileibe nicht jeder und schüttelt mit dem Kopf und meint: Hobby ja, doch aber nicht so, dass es die ganze Lebenswirklichkeit bestimmt.
Wir können uns ja selbst einmal fragen: Was oder wer spielt eigentlich in meinem Leben die erste Geige? Oder anders gefragt: Was oder wer zieht uns so sehr an, dass es letztlich für unser Leben bestimmend wird? Wer oder was bestimmt meine ganze Lebenswirklichkeit?

Schon immer haben Menschen unterschiedliche Antworten gefunden. Wir wissen sehr viel darüber auch aus der Bibel. Der Spruch für diesen Monat führt uns hinein in die ganze Problematik von unterschiedlichen Antworten auf die Frage, wer oder was die erste Geige im Leben spielt. Er lautet: Wendet euer Herz wieder dem Herrn zu, und dient ihm allein. (1 Sam 7,3) Die Übersetzung nach der Lutherbibel will ich jedoch vorziehen, weil wir dadurch die ganze Aussagekraft des Textes viel besser in den Blick bekommen. Da heißt es: Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem HERRN bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem HERRN und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.


Es sind Worte, die Samuel an das ganze Volk Israel etwa 1000 Jahre vor Jesus richtete. Warum verkündete Samuel sie? Nun, er sah, dass die Israeliten, seitdem sie in Kanaan lebten, in dem Land, das Gott ihnen verheißen hatte und wohin sie Mose nach dem Auszug aus Ägypten und der 40-jährigen Wüstenwanderung führte, auch Bekanntschaft mit den Göttern ihrer kanaanäischen Nachbarn machten. Vor allem waren das die verschiedenen Baale, z.B. der Wettergott Hadad, die Meeresgöttin Aschera und die Liebes- und Kriegsgöttin Astarte. Die Kanaanäer verehrten sie und beteten sie an den zahlreichen Kultstätten an, wo sie in Bildnissen und auf Steinsäulen, den sogenannten Masseben, dargestellt waren. Es waren Götter „zum Anfassen“ im Gegensatz zum Gott der Israeliten, der nur bildlos verehrt werden durfte. Grund für das Bilderverbot war vor allem die durch viele Erfahrungen gemachte Erkenntnis, nicht über ihren Gott des Lebens verfügen zu können, und es deshalb ein Aufstand gegen ihn ist, sich ihn dienstbar machen zu wollen. Die Kultpraxis der Kanaanäer war demgegenüber aber attraktiv und anziehend – allerdings mit der Kehrseite, dass die Israeliten ihren eigenen Gott immer mehr vergaßen, den sie doch immer wieder in all seiner Liebe erfahren hatten als Retter und Bewahrer in der Not. Ihn mehr und mehr nun zu verlassen, das ist letztlich der Weg in den Untergang. Propheten ihres Gottes sagten es ihnen immer wieder und mahnten, bei Gott zu bleiben und ihn nicht zu vergessen.
Nun, mehr als 20 Jahre vor Samuels Mahnung hatten die Philister, die aus ihren mächtigen Städten in Gaza immer wieder gegen die Israeliten Krieg führten, um weiteres Land zu erobern, die Bundeslade von den Israeliten erobert. Die Israeliten betrachteten das als einen herben Verlust. Sie waren ja der Überzeugung, dass sie ein machtgeladenes Führungssymbol war, das die Gegenwart Gottes im Krieg verkörperte. Den Philistern brachte sie allerdings nur Unglück, so dass sie sie schließlich, sogar noch mit Goldgeschenken beladen, den Israeliten überließen. In den folgenden 20 Jahren besannen sich die Israeliten, sich nun doch wieder Gott zuzuwenden. Den Grund dazu erfahren wir indirekt von Samuel, der ihnen nun sagte: Wenn ihr euch von ganzem Herzen zu dem HERRN bekehren wollt, so tut von euch die fremden Götter und die Astarten und richtet euer Herz zu dem HERRN und dient ihm allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister.
Es ist die Rettung aus der Hand der Philister. Sie bedrohten nach wie vor das Volk Israel und bekriegten es. Seine Existenz stand auf dem Spiel und ließ ihre Grunderfahrung, die sie in ihrer Geschichte mit Gott gemacht hatten, wieder aufleuchten und sie erkennen lassen: Nur unter seinen Fittichen sind wir nun auch sicher vor den Philistern und gerettet. Deshalb, so Samuel, ist es dass, sich die Israeliten besonnen haben, sich ihm jetzt wieder zuwenden zu wollen, aber, so Samuel, nun mit einem ganzen, ungeteilten Herzen. Nicht nur ein bisschen, wenn die Gefühlslage mal offen ist für Göttliches oder es sich mal so ergibt oder jetzt vielleicht mal ratsam erscheint. Das wäre halbherzig.
Mit ungeteiltem Herzen sich Gott zuwenden bedeutet, Gott die erste Geige im Leben spielen zu lassen und allem anderen, was auch gern Platz im Herzen hätte, aber von ihm wegführt, keinen Raum zu geben. Dann wird jeder Gott erfahren, wie es ein Psalmbeter besingt und Menschen bis heute bekennen: Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der HERR ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen? (Ps 27,1f.)

Unwillkürlich denke ich in diesem Zusammenhang an das erste Gebot Gottes: Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. (1 Mo 20,2f) und an Martin Luthers Erklärung im Großen Katechismus: „Ein Gott heißt, wovon man sich alles Gute verspricht und bei dem man Zuflucht sucht in allen Nöten, also dass einen Gott haben nichts anderes ist, als ihm von Herzen vertrauen und glauben; wie ich oft gesagt habe, dass allein das Vertrauen und Glauben des Herzens einem etwas sowohl zu Gott als zu einem Abgott macht… Denn die zwei gehören zusammen: Glaube und Gott. Woran du, sage ich, nun dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.“
Woran du dein Herz hängst. Luther zählt vieles auf, was einem zum Gott bzw. zum Abgott werden kann, was also die erste Geige spielen und somit die ganze Lebenswirklichkeit bestimmen kann: Geld und Gut, das Herkommen, die Ehre, die Frömmigkeit, die Abgötterei (andere Götter und Religionen ehren, wie es z.B. die Israeliten in Kanaan taten), das eigene Tun, die eigenen Taten.
Luthers Aufzählung ist natürlich nicht erschöpfend und kann in heutiger Zeit vielfach ergänzt werden. Z.B. werden Kinder von ihren Eltern vergöttert, oder man macht sich selbst zum Gott, weil man nur an sich glaubt, an die eigenen Fähigkeiten und in dem Wahn, alles selbst in der Hand zu haben und sich daher von niemandem ins eigene Leben reinreden lässt.

Mit einem ungeteilten Herz sich dem wahren Gott zuwenden, zu dem, den wir aus der Bibel kennen, der uns in Jesus Christus seine Liebe erfahren lässt und der uns in seinem Geist auch heute noch gegenwärtig ist. Wer sich so ihm zuwendet, bei dem haben andere Götter keinen Platz mehr. Der tut sie ab, wozu auch Samuel auffordert, damit sie nicht die erste Geige im Leben übernehmen, sondern Gott die erste Geige überlassen.
Aber nicht nur das. Derjenige fragt auch nach dem Willen dieses Gottes und wird ihn zu erfüllen versuchen, wird ihm also dienen. Wie sieht nun solcher Dienst aus? Im Grunde genommen wissen wir es alle: Er begegnet uns vor allem in den 10 Geboten. Es sind seine Lebensangebote, damit Leben gelingt und wir geborgen sind unter seinen Fittichen. In ihnen geht es um die Liebe zu Gott und gleichermaßen um die Liebe zum Nächsten. Jesus hat den Kern zusammengefasst im Doppelgebot der Liebe: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten (Mt 22,37-40).
Wir Menschen mit unserer Gottlosigkeit, Gottvergessenheit, Selbstgenügsamkeit, Egoismus (z.B. „Ich zuerst.“ „Meine Familie zuerst.“ „Amerika first.“ „Germany first.“) stehen jedoch dagegen. Auch wir Christen erkennen und erleben uns manchmal so. Gott zu lieben und zu ehren und mit unseren Mitmenschen in Liebe und Gerechtigkeit zusammen zu leben, ihnen gerecht zu werden und ihnen zu helfen, das kann jedoch ein jeder, der ein ungeteiltes Herz für Gott hat: in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, im gesellschaftlichen und im politischen Leben. Wer aufmerksam ist, wird vielfältige Möglichkeiten erkennen und sie hoffentlich auch verwirklichen.