Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Ein Auftrag Jesu an seine Jünger. Ein Auftrag seines göttlichen Vaters. Er verkündete das nahende Reich Gottes, weil Gott sich mit dieser Welt nicht abfinden will – mit ihrer Verlorenheit. Er liebt sie und will sie deshalb heil machen. In seinem Reich sind Leiden, Krankheit, Tod und Schuld überwunden. Das will er für die Menschen. Das war der Kern der Verkündigung Jesu.

Verkündigen heißt in unserem Zusammenhang, in Vollmacht eines Sendenden ein Ereignis ausrufen, proklamieren durch einen Abgesandten, einen Herold. Der Herold doziert nicht oder pflegt eine Konversation über das Ereignis. Sondern er kündigt das Ereignis an, ruft es aus. Und indem er es tut, beginnt es tatsächlich anzubrechen. So ist auch die Verkündigung des Reiches Gottes zu verstehen. Mit der Verkündigung beginnt es anzubrechen – das Herrsein Gottes über die ganze Schöpfung, das wir Menschen ihm schon immer streitig machen. Gott richtet aus Liebe zu uns Menschen auf diese Weise seine Herrschaft selbst auf, ergreift Besitz und eben damit das Heil für uns – nicht mit Gewalt, sondern eben durchs Wort, was die Möglichkeit einräumt, sein Herrsein auch abzulehnen. Wir können uns das Ganze etwa so vorstellen, wie wenn einer, der ein unbekanntes Land betritt – bei Gott gibt es allerdings kein unbekanntes Land -, seine Flagge hisst und es dadurch als sein Eigentum kenntlich macht und das Seine darauf tut.

Gottes Reich bricht mit der Verkündigung an. Da dürfen wir auch nicht zu klein denken. Die Botschaft „wirkt“. Wer sie annimmt, d.h., wer Gott als seinem Herrn vertraut, wird Pflänzchen von Gottes anbrechendem Reich sehen, spüren, wahrnehmen und gewiss werden, dass es bei allem Leid, Krankheit, Tod und Schuld keine hoffnungslosen Fälle gibt. Solche Pflänzchen sind unerwartete, manchmal gar wunderhafte Ausgänge aus unserem Elend und unserer Not. Es sind seine Zeichen, an denen wir erkennen können, was er mit uns vorhat. Wird Gott wieder Herr sein über uns, so sind wir dem, was uns quält, nicht mehr wehrlos ausgeliefert.

Verkündigungsdienst ist Heroldsdienst. Mit dem Auftrag Jesu an seine Jünger beauftragt er sie mit diesem Heroldsdienst. Durch die Taufe zählen auch wir zu seinen Jüngern. Er traut nun auch uns zu, Gottes anbrechendes Reich zu proklamieren. Fühlen wir uns da überfordert und zu schwach? Wir wissen ja, was daraus werden kann. Jesus, etliche seiner Jünger und unzähligen Christen bezahlten das mit ihrem Leben, und das ist bis heute so. Jesus sah das auch kommen. Denn die Welt will die Botschaft vom Herrsein Gottes natürlich nicht hören. Sie ist ihr ein Ärgernis.

Wie kann der Heroldsdienst, dieser Verkündigungsdienst in heutiger Zeit für uns aussehen?
Zunächst: Er ist an kein besonderes Amt oder an einen besonderen hauptamtlichen Dienst in der Kirche gebunden, auch wenn diejenigen dafür besonders ausgebildet und dann dazu auch berufen bzw. angestellt sind. Zu dem Dienst, von Gottes anbrechendem Reich zu erzählen, ist jeder beauftragt. Und dies kann auch jeder, der Pflänzchen des anbrechenden Gottesreiches in seinem Leben oder um sich herum wahrnimmt. Wenn beispielsweise Menschen in ihrem Elend aufleben, getrost weiterleben können, von neuer Hoffnung erfüllt werden, die Last von Schuld loswerden und vieles mehr. „Geht“, sagt Jesus, „gebt meine Botschaft, mein Evangelium vom anbrechenden Reich Gottes weiter. Geht und erzählt, was ihr erfahren habt als Zeichen des anbrechenden Reiches.“
Geht heißt nicht, wartet, bis jemand kommt oder wir zufälligerweise jemandem begegnen, mit dem wir darüber reden können. Gehen, hingehen heißt dann z.B. Besuche machen. Früher machte der Pfarrer bzw. die Pfarrerin regelmäßig und fast nur allein Hausbesuche, nicht nur bei hohen Geburtstagen. Gott sei Dank bildeten sich in vielen Kirchgemeinden dann auch Besuchskreise. Nach meinen Erfahrungen ging es in den Vorbereitungen der Teilnehmer jedoch eher um Gesprächsführung und äußere Dinge, die zu beachten wären. Die sind freilich auch wichtig. Doch nur sehr wenig wurden sie befähigt, über ihren eigenen Glauben und ihre Erfahrungen mit ihm gegenüber anderen zu reden. Und das ist insgesamt ein ziemliches Problem. Wir Christen scheuen uns davor, über unseren eigenen Glauben zu reden und darüber, wie Gott, wie Jesus Christus in unser Leben getreten ist und wir ihm immer wieder begegnen in seinem Herrsein, in seiner heilmachenden Kraft. Manche scheuen sich sogar gegenüber ihren Kindern und Enkelkindern, Geschichten aus der Bibel zu erzählen, Jesusgeschichten und Geschichten über Erfahrungen mit Gott im eigenen Leben. Es mag viele Gründe für unsere Zurückhaltung geben – nicht nur, dass viele über uns dann den Kopf schütteln und uns zu verstehen geben, davon doch nichts hören zu wollen. Vielleicht fällt es manchem jedoch leichter, wenn er bzw. sie sich bewusst macht, dass es allein wichtig ist, Jesu Botschaft vom anbrechenden Reich Gottes weiterzusagen, damit diese Botschaft auch bei anderen wirken kann. Und welche Freude kommt dann auf, wenn das Evangelium und die eigenen Glaubenserfahrungen von denen, die das hören, nicht abgewiesen wird, sondern ankommt, in ihr Herz gelangt und ihr Leben verändert. Es freut uns, wenn auch sie das Herrsein Gottes gelten lassen und diesem Herrn vertrauen und so in dieser Welt, in der wir in welcher Weise auch immer viel Elend und Not erfahren, dem nicht mehr wehrlos ausgeliefert sind. Es freut uns, wenn auch sie zu Jesus Christus und mit ihm zum Herrn der Welt gehören, der auch ihnen in seiner unermesslichen Liebe den nötigen Halt und die Kraft gibt, dem zu widerstehen. Es freut uns, wenn sie zu dem Herrn gehören, der bereits alles Leid und den Tod überwunden hat und der will, dass alle Menschen solch neues Leben bekommen. Das alles sollte uns doch immer wieder helfen, die inneren Blockaden zu überwinden, und Mut machen, das zu tun, was Jesus von uns getan haben will: Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.