Nahezu tagtäglich erfahren wir beides – Freudiges und Trauriges. Manche belastet das Traurige in ihrem Leben oft schwer. Sie rutschen in eine Krise und fühlen sich dann gelegentlich wie auf einer Achterbahn – mal himmelhoch jauchzend und dann zu Tode betrübt. So ist es in unserem Leben. Schlimm aber für den, der aus seiner Traurigkeit nicht wieder herausfindet. Der keine Hoffnung mehr hat, keinen Sinn mehr im Leben erkennt und in eine tiefe Depression und Traurigkeit fällt und sich wünscht, dass es endlich ein Ende hat – fast schon egal, welches.

In dieser Zeit, in der Corona in das Leben vieler Menschen tiefe Einschnitte brachte und nun wieder bringt, geraten weit mehr Menschen als sonst in solche Lebenskrisen. Vorbei die Unbeschwertheit und Lebensfreude. Stattdessen Angst davor, dass es nie wieder so wird wie vorher. „Ich merke, dass mir nach und nach Wichtiges, was meinem Leben bisher Sinn gab, verloren geht“, sagte neulich jemand.

Ortswechsel: Gesamt-Israel vor etwa 2.600 Jahren. Der Prophet Jeremia verkündete dort Gottes Wort. Er verkündet Unheil im Südreich Juda, weil viele Israeliten ihrem Gott treulos wurden, den Ruf zur Umkehr nicht befolgten und somit einen Weg wählten, der in ihren Untergang führt. Aber er verkündet auch Heil. Heil allen, die mehr als 100 Jahren davor im Nordreich, genannt Israel, gelebt haben, dann aber von den Assyrern in ausländische Provinzen verschleppt wurden. Und Heil den Israeliten, die ihr Land, ihre Heimat Juda ebenfalls verlieren werden. Für sie alle bestehen die verheißenen Heilsgüter darin, dass es Gerechtigkeit und Frieden geben werde und solche Lebensverhältnisse, die dann sogar über dem liegen, was von ihnen überhaupt realisierbar ist.

Eine dieser Heilsankündigung sind die Worte im Spruch für diesen Monat: Gott spricht: Sie werden weinend kommen, aber ich will sie trösten und leiten (Jer 31,9). In den Versen davor kündigt der Prophet die Heimkunft derer an, die aus dem Nordreich vertrieben wurden und zugleich derer im Südreich, die ein ähnliches Schicksal erfahren werden. Mit Tränen in den Augen dürfen sie wieder zurück in ihre Heimat. Gott wird sie aus lauter Güte geleiten, so dass die lange Reise selbst Blinden, Lahmen, Schwangeren und jungen Müttern ohne Gefahr möglich sein wird. Er wird sie trösten, auch mit alledem, was sie dann vorfinden werden und ihnen ermöglicht wird: das Land bewirtschaften und reichlich Frucht ernten können und nach Jerusalem, zur Kultstätte pilgern dürfen. Vor Freude werden alle jauchzen und sich freuen über Gottes Gaben und den von ihm geschenkten Neuanfang. Es wird alles gut. Denn Gott verheißt: Sie werden weinend kommen, aber ich will sie trösten und leiten.

Bei ihm, mit ihm wird alles gut. So können wir diese und andere Verheißungen Gottes auf einen kurzen Satz verdichten. Was uns jetzt ängstet und betrübt und uns leiden lässt, wird nicht bleiben, sondern gut werden. Gegenüber den Heilsweissagungen zu Jeremias Zeit bedeutet für uns heute „gut werden“: ein erfülltes, beglückendes, der Ewigkeit zustrebendes Leben, in der Gott abgebrochene Lebenszeiten und Entwicklungen vollendet. Alles, was dem entgegensteht - die Übel dieser Welt (Leiden, Sterben/Tod und Sünde/Schuld) und die Mächte, die uns versklaven -, wird endgültig nicht mehr sein.

Eine Illusion sei das, so z.B. der Marxismus. Das Christentum wolle den Menschen doch nur auf ein besseres Jenseits vertrösten, um ihn vom Diesseits abzulenken. Doch wenn Christen, die aus dem Glauben an Jesus Christus, den Auferstandenen, leben, ihre Lebensgeschichte erzählen, so sind das Geschichten, die keineswegs vom Diesseits ablenken. Viele von uns Christen können ihre Geschichten erzählen, wie sie mit alledem, was sie in dieser Welt niedermachen will, fertig werden. Die Geschichten münden letztlich in Lob und Dank an Gott, der ihnen Kraft verleiht, dass sie nicht untergehen. Der sie tröstet, neuen Sinn und neue Möglichkeiten erkennen lässt, sie auf ihren Wegen geleitet und sie gewiss werden lässt, dass am Ende, auch nach dem Tod alles gut wird – geborgen in seiner Gemeinschaft auf ewig. Sie spüren diese lebensschaffende und belebende Kraft Gottes, seinen Geist, und gewinnen wieder Lebenslust und Lebensfreude – trotz all der Übel, die ihnen zu schaffen machen. Und - Gott sei Dank, manche von ihnen erzählen ihre Lebensgeschichten – man kann ruhig auch sagen, erzählen ihre Befreiungsgeschichten - weiter, und zwar gerade an solche, die aus ihren Traurigkeiten und Ängstlichkeiten nicht allein herausfinden. Denn gerade sie brauchen solche Erfahrungen derer, die auf diese Weise wieder frei wurden.

In diesem Monat mit seinen düsteren Tagen empfinden wir mehr als sonst unsere Begrenztheit und Vergänglichkeit. Wir gedenken in diesem Monat auch unserer bereits Verstorbenen und trauern um sie. Diesen besonderen Gedenk-Tag nennen wir jedoch aus gutem Grund den Ewigkeitssonntag. Da wird die Osterbotschaft von der Auferstehung der Toten verkündet. Der Theologe Jürgen Moltmann schrieb: „Ostern kann nicht nur heißen: es gibt ein Leben nach dem Tod. Das klingt wie eine Vertröstung. Ostern muss (auch) heißen: das Leben wandelt sich…“
Das Leben wandelt sich – gerade im Angesicht des Todes, auch unter Leid, Krankheit und Krisen wie z.B. unter Corona. Gott ist es, der es wandelt aus lauter Gnade und Liebe, so wie er es hat verkündigen lassen: Sie werden weinend kommen, aber ich will sie trösten und leiten.