Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN; denn er kommt, um die Erde zu richten. (1. Chronik 16,33)
Ist das nicht ein eigenartiges, ja unrealistisches Bild? Wie sollen Bäume denn jubeln können? Dass Bäume, Pflanzen untereinander lebenswichtige Informationen austauschen können, das hat die Wissenschaft inzwischen gerademal herausfinden können. Pflanzen, z.B. Bäume, geben verschiedene optische oder chemische Signale ab, die andere wahrnehmen können. Das kann aber meist nur mit hohem wissenschaftlichem Aufwand herausgefunden werden. Doch mit solchen Erkenntnissen steht die Wissenschaft noch ganz am Anfang.
Aber jubeln?! Das geht nicht, denn Pflanzen haben gar kein Gehirn und keinen Kehlkopf, um Laute hervorzubringen.
So richtig das ist, so kann das aber noch lange nicht heißen, dass es unmöglich ist. Was für uns Menschen gänzlich unvorstellbar ist, so ist das bei Gott nicht ausgeschlossen. Warum sollte Gott, dem Schöpfer der Welt und allen Lebens, abgesprochen werden, nicht nur mit Menschen zu kommunizieren, sondern auch mit Tieren und Pflanzen. Nur weil wir deren Sprache kaum kennen und sie nicht verstehen, muss das noch lange nicht für Gott gelten. Er ist ja als Schöpfer in seiner Schöpfung selbst gegenwärtig.

Der Monatsspruch steht im Buch der Chronik. Sie zeichnet ein Portrait von der Geschichte des Gottesvolkes Israel in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Tempel in Jerusalem gewinnt darin eine zentrale Bedeutung als der Ort von Gottes wohlwollender Anwesenheit. Im Tempel kommt der Segen Gottes auf die Menschen. Eine zentrale Bedeutung gewinnt auch König David. Er holt die Bundeslade, das Symbol für die Anwesenheit Gottes, in seine neue Hauptstadt Jerusalem. In der Bundeslade wurden die Steintafeln mit den zehn Geboten aufbewahrt. Sie wird vorerst in ein extra dafür aufgestelltes Zelt gebracht. Denn den Tempel gab es da noch nicht. Den wird erst Davids Sohn, König Salomo, errichten. Bei der Überführung der Lade stimmt König David ein Loblied an. Er preist darin zusammen mit der versammelten Kultgemeinde Gott, der in der Vergangenheit als treuer Retter an Israel gehandelt hat und deshalb ebenso mit seiner heilsamen Kraft weiterhin an Israel handeln wird.


Gott ist auch der Schöpfer der Welt und herrscht in ihr ewig (Ps 93,2). Dieser in Israel seit Urzeiten bekannte Zustand soll nun auch denen bekannt gemacht werden, die nicht zum Gottesvolk gehören. Und so preist David mit der Kultgemeinde Gott unter anderem mit den Worten: Es freue sich der Himmel, und die Erde sei fröhlich, und man sage unter den Völkern, dass der HERR regiert! Das Meer brause und was darinnen ist, und das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist. Es sollen jauchzen alle Bäume im Wald vor dem HERRN; denn er kommt, zu richten die Erde. Danket dem HERRN, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.
Nicht nur die Menschen, sogar die ganze Schöpfung wird Gott also zujubeln: der Himmel, die Erde und das Meer, das Feld und die Vegetation. Warum? Gott kommt. Er kommt in die Völkerwelt als universaler Richter: Er kommt, zu richten die Erde, lesen wir. Er kommt. Sein Ziel ist, dass alles gut und heil wird – der Mensch, seine Mitwelt, die ganze Schöpfung also. Sie bilden ja, so sieht es die Bibel, zusammen eine Schicksalsgemeinschaft. Sein Ziel erreicht Gott durch sein Richten, sein Zurechtbringen. Nämlich, indem er die zerstrittenen und verfeindeten Menschen und Völker zusammenbringt, als ein gerechter König über sie herrscht und ihnen allen universalen Frieden bringen wird. Und das wird sich auch auswirken auf die Schöpfung. Sie wird aufatmen. Denn sie leidet in dieser Schicksalsgemeinschaft mit dem Menschen. Schon damals sah man in Israel nicht nur die Zusammenhänge zwischen dem Verhalten der Menschen und den negativen Auswirkungen auf die Schöpfung, sondern man erkannte auch, dass die Ursache der Mensch ist, weil er seit Urzeiten nicht nach Gott fragt. Er ignoriert seinen ihm von Gott zugewiesenen Platz und Auftrag in Gottes Schöpfung (Gen 1,16ff) oder kennt ihn nicht. So plündert er sie aus, so dass sie leidet.

Nie ist das so deutlich zu erkennen und zu spüren wie in unserer heutigen Zeit. Wir Menschen beuten die Natur grenzenlos aus und zerstören unsere Umwelt, obwohl Gott uns im Schöpfungsbericht aufgetragen hat, sie zu gestalten, dabei das Leben zu pflegen und zu schützen (Gen 1,28).
Gott sei Dank, immer mehr Menschen erkennen, wie unser ausbeuterisches Verhalten uns selbst schadet und die Lebensgrundlagen der ganzen Menschheit zu zerstören beginnt. Manche reden in diesem Zusammenhang von einer Zeitenwende, die jetzt kommen muss, um das abzuwenden. Doch genügt eine solche Zeitenwende? Und wie könnte sie aussehen? Die Vorstellungen darüber gehen z.T. weit auseinander, oftmals je nachdem, aus welchem ideologischen Lager oder politischen Grundüberzeugung sie kommen. Es gibt Streit darüber, auch über Verantwortlichkeiten, die hier und da auch in handfesten Auseinandersetzungen eskalieren.

Auf was können und wollen wir letztlich unsere Hoffnung setzen – auf Menschenwerk oder auf die biblische Botschaft, die uns auch im Monatsspruch gesagt wird: Gott kommt. Der Weltenherrscher und Weltenrichter kommt. Er wird alles zurechtbringen – uns, die Schöpfung, die ganze Welt. Und deshalb: Wo er gegenwärtig wird wie damals, als die Israeliten die Bundeslade nach Jerusalem überführten und ihm eine Wohnstätte errichteten, da wird er gelobt, wird ihm gedankt, wird gesungen aus lauter Freude.

Sein Kommen löst Freude aus. So ist es auch heute. Wo immer Menschen Gott begegnen und ihn in ihr Herz lassen, kommt Freude auf und wird gesungen und gefeiert, wird ihm für Hilfe und Rettung gedankt. Und zugleich richten sie, die Gläubigen, ihre Sehnsucht auf ihn, dass er als „Richter der Erde“ uns und die ganze Schöpfung zurechtbringen wird, so dass alles, ja alles gut wird. Denn im Glauben wissen sie nun: So wie Menschen in der Vergangenheit ihn als Helfer in der Not, Retter und Heiland erfahren haben, so wird es auch zukünftig sein. Er ist und bleibt ewig der Weltenherrscher und Weltenrichter.
So ist das Bild vom Jubel der Bäume keineswegs übertrieben, wenn von seinem Kommen die Rede ist. Alles wird sich freuen – der Mensch, der seine Hoffnung auf ihn setzt, die Bäume, die ganze Schöpfung – und alles wird in unvorstellbarem Jubel ausbrechen. Denn dann wird alles, wirklich alles gut – für immer.