Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete? (Der Spruch für diesen Monat.)

Wann brannte Ihnen mal das Herz? Wann wurde Ihnen mal warm uns Herz? Sicherlich kommt in Ihnen da die eine oder andere Erinnerung hoch an solche Momente. Beispielsweise an einen Mensch, der Ihnen in schwierigen Zeiten beigestanden hatte und es vermochte, den Blick wegzulenken vom eigenen Schicksal hin zu all dem Guten und Schönen, das es im Leben auch gab und ihm Sinn verlieh. Dass Sie erkennen konnten: Da gab es nicht nur Enttäuschendes, sondern viel Segensreiches, was nicht nur das Herz erfreute, sondern die Seele streichelte. Ein Mensch, der auf diese Weise half, das Sinnwidrige im Leben zu überwinden, so dass neue Hoffnung aufkeimen konnte und sie wie Licht am Ende eines Tunnels aufschimmerte.

Eine solche Erfahrung hatten auch zwei Jünger Jesu. Sie waren drei Tage nach der Kreuzigung Jesu auf dem Weg von Jerusalem ins Dorf Emmaus. Da gesellte sich ein Fremder zu ihnen, der sie auf ihre Enttäuschung und Traurigkeit ansprach. Und sie erzählten ihm von der Kreuzigung in Jerusalem. Sie sprachen von ihrer Traurigkeit, von ihren zerschlagenen Hoffnungen auf eine Welt und ein Leben ohne Leid, Unfriede und ohne Unrecht, das dieser Jesus verkündet hatte und das in seinen Wundern zeichenhaft aufleuchtete. Da half ihnen der Fremde, ihre Blicke darauf zu lenken, dass bereits das Alte Testament im Ganzen vom Tod und der Auferstehung des Messias, des Christus spricht. Er hielt gewissermaßen eine Bibelarbeit mit ihnen. Dabei loderte in ihrem Herzen etwas auf, was wie Balsam für ihre geschundene, verletzte Seele war. Eine Ahnung hatte sie ergriffen, dass das mit diesem Gekreuzigten irgendwie zu tun haben muss. Sie fassten das später in die Worte: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?
Fast im Dorf angekommen, luden sie den Weggefährten zum Bleiben ein und saßen mit ihm zu Tisch. Er brach das Brot, segnete es und gab´s ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten in ihm den Gekreuzigten. Die Ahnung wurde zur Gewissheit: Er ist wahrhaftig auferstanden. Schlagartig wurde ihnen bewusst, er lebt. Doch sofort verschwand er vor ihnen. Alle Traurigkeit, alles Lähmende und Sinnwidrige verflog. So wurde bei ihnen Ostern. Denn die Hoffnung auf eine Welt, wie sie Jesus verkündete, war wieder da. Nun erkannten sie auch wieder Aufgaben für sich, für die es sich neu zu leben lohnte.

So wie die Emmausjünger anfangs Momente gescheiterter Hoffnungen und Erwartungen in ihrem Lebenshorizont hatten, so haben wir sie auch. Wir sind dann enttäuscht, niedergeschlagen und traurig und haben das Gefühl von Vergeblichkeit und Sinnlosigkeit. Jeder von uns hat solche Momente durchlebt, auch wenn sie vielleicht gemäßigter und weniger explosiv waren. Einschneidend sind sie besonders beispielsweise beim Absturz aus geordneten und gesicherten Lebensverhältnissen in ein existenzgefährdetes Dasein z.B. durch Scheidung, Unglück, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder auch durch die Willkür anderer.
Das Gefühl von zerschlagenen Hoffnungen, von Vergeblichkeit und Sinnlosigkeit hatten auch unzählige Menschen in der ehemaligen DDR. Als die Mauer fiel, keimten große Hoffnungen auf, das Leben in Freiheit selbst gestalten zu können. Es wuchs zugleich die Hoffnung auf mehr Mitmenschlichkeit, auf ein Ende von Willkür und Kriegsgefahr. Doch mit der Zeit zerbrachen solche Hoffnungen, weil es anders kam. Viele zogen sich enttäuscht zurück. Etlichen entschwand der Sinn ihres Daseins.
Heute ist es nicht viel anders. Auch da sind viele Menschen enttäuscht, weil Erhofftes und Erwartetes nicht eintritt und sie das Gefühl von Sinnlosigkeit sie beschleicht und lähmt. Und in den Kriegsgebieten müssen Väter und Mütter ihre Hoffnungen auf eine Zukunft mit ihren Kindern begraben, weil sie den Kriegen zum Opfer gefallen sind.

Gibt es dennoch Hoffnung? Ja, die Emmausgeschichte erzählt davon. Sie erzählt davon, dass der Auferstandene bereits mit uns geht, wo wir mitten in den Erfahrungen von Leid und Hoffnungslosigkeit gefangen sind und ihn nicht erkennen können. Sie vermittelt uns: Er ist uns immer näher als wir denken. Er wird uns gegenwärtig in den Worten der Bibel, die uns andere Menschen nahe bringen, so dass sie unsere Herzen erwärmen und zu Balsam für unsere geschundene Seele werden können – und das nicht nur in den Gottesdiensten, sondern auch inmitten unseres Alltages: in der Schule, zu Hause, im Krankenhaus, in den Betrieben, im Plausch über den Gartenzaun usw.
Wenn dann das Herz in uns brennt, wenn wir also ahnen, dass er uns irgendwie doch gegenwärtig ist, so liegt es jedoch immer noch an ihm selbst, sich als der Auferstandenen zu erkennen zu geben. Geschieht dies, so wird die Ahnung zur Gewissheit und es kommt zum Glauben. Erst dann können wir wie die Emmausjünger die plötzliche und unerwartete Erfahrung machen, dass Gott in ihm wahrhaftig bei uns ist und wir mit all unserer Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung hineingenommen sind in sein Heil, getragen von seiner Liebe zu uns. So wird es Ostern bei uns – trotz allem.
Doch selbst dann, wenn dies (noch) nicht geschieht, soll jeder wissen: Keiner ist mit seinen Enttäuschungen und seiner Hoffnungslosigkeit allein. Der Auferstandene ist jedem näher als er denkt. Er lässt durch Worte der Bibel neue Hoffnung aufkeimen und sie wie Licht am Ende des Tunnels aufschimmern. Das tut einer verletzten Seele gut. Doch letztlich will er von uns eingeladen und willkommen sein. Das jedoch können oder wollen viele nicht. Zu stark ist da auch der Verstand, der da sagt: Auferstehung von den Toten, das kann ich nicht glauben. Das ist unmöglich.
Vor vielen Jahren kam ich darüber mit einer Kirchenältesten ins Gespräch. Sie war eine treue Seele in der Kirchgemeinde – voller Hilfsbereitschaft, herzensgut zu den Menschen, setzte sich für die Belange der Kirche ein, wo es nötig war, und hatte für so manchen, dem es nicht gut ging, ein tröstendes Wort aus der Bibel parat. In dem Gespräch sagte sie mir: „Am wohlsten fühle ich mich in der Kirche. Die Worte der Bibel tun mir so gut. Aber das mit der Auferstehung von Jesus, das kann ich nicht glauben. Das widerstrebt meinem Verstand.“
Heute, da ich wieder einmal über den Monatsspruch nachsinne, erinnere ich mich wieder an dieses Gespräch mit der Kirchenältesten. Sie war wie die Emmausjünger noch auf dem Weg, hatte in Christus einen Weggefährten unerkannt an ihrer Seite, der ihr durch den Mund anderer Christen die Bibel auslegte und in ihrem Herzen etwas auflodern ließ, was wie Balsam für ihre Seele war und sie ahnen ließ, mit wem sie es da zu tun hat. Doch ihn in ihr Herz einzuladen und ihn als den Auferstandenen willkommen zu heißen, das vermochte sie nicht. Ob sie es wollte, aber nicht konnte, das allerdings blieb offen.

Wann brannte Ihnen mal das Herz? Wann wurde Ihnen mal warm ums Herz? Die Antwort darauf muss nicht vordergründig mit Gott und Jesus Christus zu tun haben. Oft kommt in den Antworten zur Sprache, dass dies geschah, als der Blick auf das Schöne und Gute, auf das Segensreiche im Leben gelenkt wurde, statt nur im eigenen Schicksal und Ergehen gefangen zu bleiben. Das tat gut und es befreite auch ein wenig, so wird dann oft gesagt.
Auch wenn das alles noch keine Ostererfahrung ist, so ist es eine Wegerfahrung mit dem unerkannten und vielleicht Ihnen sogar unbekannten Gott in Jesus Christus, der da vage erahnt wird. Doch jeder kann sicher sein, dass der Auferstandene ihn weiterhin im Leben begleitet. Dass er dabei auch immer eine gute Nachricht, also Worte der Bibel für jeden Zweifelnden, Hoffnungslosen und Enttäuschten hat. Und dass er eingeladen werden will. Wem er sich dann zu erkennen gibt, der wird wie die Emmausjünger dann voller Freude und Glück sagen können: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? Dann ist auch für denjenigen Ostern geworden.