Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! (Phil 4,6 – Spruch für Juli 2025)
Sorgt euch um nichts! „Sorglos sein, meint Paulus das ernsthaft?“, fragte in einem Bibelgespräch eine Frau zurück und fuhr sodann fort, „Wo soll das denn hinführen, wenn man alle Fünfe grade sein lässt und sich keinen Kopf macht, wie man im Leben klar kommen soll? Im Krieg wären wir alle verhungert. Und wer weiß, was aus meiner Ehe und meinen Kindern geworden wäre.“
Nein, Paulus will uns nicht zu einer solchen Sorglosigkeit aufrufen. Er weiß, dass das Sich-Sorgen um jemanden oder auch um etwas zum Leben dazugehört als Daseinsvorsorge, Fürsorge und Nachsorge. Doch solches Sich-Sorgen kann auch gefährlich werden, kann das Leben vergällen und freudlos machen. Dann nämlich, wenn das Sich-Sorgen zum Zer-Sorgen wird. Wir zersorgen uns, wenn uns die Sorgen den Schlaf rauben, sie uns in Angst versetzen, sie uns an den Lebensnerv gehen. Dann kann nichts anderes, auch nicht ein anderer Mensch mehr Raum in unserem Leben bekommen. Sie füllen unsere Gedanken aus, gewinnen Macht über uns, beherrschen uns. Sogar wenn wir nur über sie reden, kommen wir nur immer wieder ins Klagen und zermürben unsere Kräfte. Sorgen um unsere Gesundheit oder der von Angehörigen, um die Pflege von Angehörigen, Sorgen durch den Tod eines lieben Menschen, Sorgen wegen der Probleme des Alltages, der Kinderbetreuung, des Verlustes des Arbeitsplatzes, wachsender Gefährdung des inneren Friedens im Land, wachsender Kriegsgefahr, wachsender Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und so vieles andere, all das kann unsere Kraft überfordern. So können Sorgen unser Leben zerstören – psychisch und physisch.
Martin Luther gebrauchte in diesem Zusammenhang ein schönes Bild: „Dass die Vögel (der Sorge und des Kummers) in der Luft dir über dem Haupte fliegen, magst du nicht wehren, kannst aber wohl wehren, dass sie dir in den Haaren kein Nest machen.“ (WA 2, 124, 27-29). Wie aber macht man das? Darauf antwortet Luther im Blick auf Phil 4,6: „Um kein Ding sollt ihr sorgen, aber in allen Dingen habt eure Zuflucht bei Gott. […] Das heißt mit Danksagung seine Bitte Gott eröffnen und kund tun.“ [In: J. G. Walch (Hg), D. Martin Luthers in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte und aus der letzteren in die erstere übersetzte Sämtliche Schriften, Zwölfter Theil, Halle 1742, Sp. 1448.]
In dieser Weise will auch Paulus hier verstanden werden, wenn er mahnt: Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! (Lutherbibel 2017) Gott in seiner Güte will, dass wir mit ihm über alle Dinge reden, die uns bewegen und Sorge bereiten. Dass wir ihm dabei auch danken für all das, was uns täglich an Gutem widerfährt, das müsste eigentlich auch etwas ganz Selbstverständliches sein. Denn jeder weiß, dass wir selbst vieles nicht in der Hand haben und es über Nacht ganz anders um uns werden kann und dunkle Wolken das Leben in vielerlei Weise schmerzhaft einengen und ernsthaft bedrohen können. So trägt die Danksagung zu Gott auch dazu bei, die ersten Schritte weg von unseren Sorgen zu gehen. Denn das Bitten mit Danksagung an Gott befreit von der Sorge. Beim Danken schauen wir ja nicht auf das, was Gott noch tun muss, sondern auf das, was er bereits getan hat, ehe wir bitten. So kann das Danken dazu helfen, dass Sorgen uns nicht mehr beherrschen. Ist es nicht immer wieder erstaunlich, wie viel Anlass wir alle eigentlich täglich zum Danken haben, obwohl dennoch Sorgen, Kummer und Ärger uns in Beschlag nehmen? Manchmal macht einem schon der Blick auf andere Menschen bescheidener, demütiger und damit auch freier und dankbarer. Schließlich macht es uns auch zufriedener in und mit unserem Leben.
Es ist mehr als zwei Jahrzehnte her. Da kam eine ältere Frau in den Seniorennachmittag, die erst kürzlich zugezogen war. Schnell kamen die Frauen miteinander ins Gespräch. Sie, die Neue, sprach auch über ihren Glauben. Unter anderem sagte sie, dass sie jeden Tag bete, dabei aber zunächst immer Gott danke für alle Hilfe, für alle Kraft, für alles Gute. „Und wenn ich meinem Herrgott danke, da merke ich schon, dass ich mir auch diesen Tag keine Sorgen zu machen brauche. Er macht´s schon richtig“, so sagte sie. Und weiter: „Ich habe in meinem Leben so vieles durchmachen müssen. Ich weiß gar nicht, wie ich ansonsten das alles hätte durchstehen können. Da hat mir der Herrgott geholfen. Ich bin dankbar, zufrieden und glücklich. Und andere könnten es auch werden, wenn sie dankbarer wären." Na, da war´s erst einmal für einen kurzen Moment still im Gemeinderaum. Wird doch in den meisten Familien auch gar kein Tischgebet mehr gesprochen.
Zufrieden sein mit dem, was man hat und wie man lebt. Das gelingt nur, wenn man sich nicht von den Sorgen beherrschen lässt, indem man dankbar auf das blickt, was Gott einem täglich an Gutem getan hat. Das führt letztlich zum Frieden – in uns, mit unseren Mitmenschen und mit Gott. Zufrieden werden heißt, zum Frieden im Leben kommen. Darauf zielt letztlich auch Paulus mit dem nachfolgenden Satz (V 7): Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren. Dazu noch einmal Martin Luther. Er hatte in Zeiten der Unsicherheit, Angst, der Sorge und der Traurigkeit, in Situationen, wo einem der Boden unter den Füßen zu entgleiten droht, sich in besonderer Weise zu Gottes Wort hingeflüchtet und dort Halt erfahren. Davon zeugt auch ein Brief an seine Frau Katharina, die sich viele Sorgen machte, geschrieben wenige Tage vor seinem Tod. Darin: „Ich habe einen besseren Sorger, als Du und alle Engel sind. Der liegt in der Krippe und hänget an einer Jungfrauen Zitzen, sitzet aber gleichwohl zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters. Darum sei zufrieden, Amen...“ (WA BR 11,286, 9-12)
Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Paulus rät uns, in allen Dingen mit Gott zu rechnen in der Haltung des Dankes für die Erfahrung seines bisherigen gütigen Handelns an uns.