In den letzten Jahren, so besagen es die Umfragen, schätzen immer mehr Menschen ihre Zukunftsaussichten negativ ein. Gründe dafür liegen in vielfältigen Ängsten. Z.B. hat das viel mit der Angst zu tun, dass die zahlreichen Krisen in der Welt nicht mehr beherrschbar sein könnten, vor allem hinsichtlich der Kriegsgefahr, der Handels- und Zollkriege, der autoritären, antidemokratischen Politik der Großmächte, der Zunahme von Rechts- und Linksextremismus, der zunehmenden Störung des inneren Friedens in unserem Land und der Angst vor dem sozialen Abstieg von immer mehr Bevölkerungsschichten, weil die Schere zwischen Armen und Reichen sich weiter öffnet. Nicht zu vergessen sind die Ängste aufgrund der Veränderungen durch den Klimawandel und unsere menschengemachte Umweltverschmutzung. Die Angst vor ernsthaften Erkrankungen, Pandemien und Schicksalsschlägen, Angst vor Trump, vor Terror und Konflikten in der Welt und in unserem Land usw. Vieles könnte ich hier noch nennen, was viele Menschen nicht zuversichtlich sein lässt, weil sie für ihre Zukunft nur wenig Positives erblicken. Das nimmt ihnen die Lebensfreude und macht zudem so manchen krank, psychisch und auch physisch.
Alle Menschen wünschen sich, zuversichtlich zu sein und zu bleiben, nämlich positiv in die Zukunft blicken zu können. Wenn aber die Zuversicht sich eintrübt, so wird allgemein geraten, sich seiner eigenen Fähigkeiten bewusst zu werden und auf sie tief zu vertrauen, um die Herausforderungen meistern zu können, so dass die erstrebten positiven Ergebnisse sich einstellen können und die Freude am Leben sowie Gesundheit und Wohlbefinden gestärkt werden.
Die eigene Zuversicht also zu stärken, das könne man trainieren. Dazu gibt es gerade in heutiger Zeit zunehmende Angebote. Das Ziel: mit positivem Denken das Unterbewusstsein so zu aktivieren, dass negative Gedanken aus dem Kopf allmählich verschwinden. Die sich einstellende Zuversicht spendet dann die notwendige Kraft, um Herausforderungen anzunehmen. Es gibt auch eine Reihe von Sprüchen, die in diese Richtung weisen, wie z.B. der beliebte Spruch in Poesiealben: „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her!“ Oder auch: „Wir schaffen das!“ „Wird schon!“ „Alles wird gut!“ Sich quasi selbst aus negativen Gedanken und Gefühlen herauszuziehen, das hilft jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Denn letztlich bleiben wir in unserem Mensch-Sein mit all unseren Ängsten, mit unseren Unzulänglichkeiten, unseren Aggressionen, unserer mangelnden Lieblosigkeit gegenüber unseren Mitmenschen und unserer Schuld gefangen.
Unsere Zuversicht, soll sie stark und beständig sein, braucht eine andere Quelle als nur unser Unterbewusstsein, nämlich eine außerhalb von uns. Eine solche Quelle ist Gott selbst.
Die Kultgemeinde im alten Jerusalem vor etwa 2.600 Jahren ehrte Gott mit einem Hymnus – er ist unser heutiger Psalm 46 –, in dem es im Vers 2 heißt: Gott ist unsere Zuversicht und Stärke (unser Monatsspruch). Die Gemeinde hatte Gottes hilfreiche, bleibende Gegenwart in zurückliegenden Natur- und Geschichtskatastrophen erfahren. Diese Menschen, denen solches widerfuhr, hatten Angst, dass Gottes Schöpfung zusammenbricht. Dass sich Gottes gute Ordnung auflöst. Dass das nackte Chaos sich Bahn bricht. Dass der Krieg die Menschen verschlingt. Wie kann da überhaupt noch Politik möglich sein? Wie kann man vor dem allen bewahrt werden? Sie fanden Hilfe, Bewahrung und Begleitung bei Gott. Er erwies sich in alledem als sicherer, unüberwindbarer Zufluchtsort. Der hebräische Urtext macht das deutlich. Wörtlich übersetzt lautet dieser Satz: „Gott – unsere Zuflucht und Stärke.“ Er also ist der unüberwindbare Zufluchtsort. Er bietet Zuflucht wie eine Burg, die all diejenigen gegen Gefahren und Feinde von außen schützt, die sich in ihr befinden. In dieser Weise ist Gott – allgemeiner gesagt – quasi auch ein Befreier von der Angst, keine Zukunft mehr zu haben.
Im Übrigen hat Martin Luther den Psalm 46 seinem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen“ zugrunde gelegt. Er schrieb es etwa 10 Jahre nach seinem Thesenanschlag. In dieser Zeit litt er unter großen Anfechtungen nicht nur wegen der Bedrohungen und Lebensgefahr seit seinem Thesenanschlag, sondern wegen eigener schwerer Erkrankungen und auch in der Familie, Krankheiten und Sterbefälle im befreundeten Umfeld, schließlich die in Wittenberg wütende Pest. Alle diese existentiellen Erschütterungen haben Luther stark bewegt. Dagegen singt er an mit seinem Vertrauenslied „Ein feste Burg ist unser Gott…, mit unserer Macht ist nichts getan…, es streit für uns der rechte Mann.“ Wo er in der Bibel Ps 46,2 übersetzte, Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, so gebraucht er hier für Gottes Sorge um uns Menschen das Bild einer Burg, eines unüberwindbaren Zufluchtsortes. Dieses Lied ist für ihn also ein Trostlied, kein Kampflied, zu dem es später gemacht wurde.
Luther empfindet sich in all seiner Not bei Jesus gut aufgehoben. Er ist „der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott“. Er ist diese feste Burg. Und er meint damit: Es gibt keinen anderen, bei dem wir unsere Zuflucht finden und zuversichtlich sein können, was auch kommen mag. Denn bei ihm sind alle, die an ihn glauben, in sicheren Händen und bleibend geborgen.
Und deshalb lenkt Martin Luther in Vers 2 seines Liedes den Blick auf Jesus Christus und erinnert sich und uns daran, dass Gott Jesus dazu erkoren hat, für uns einzustehen, uns Zuflucht zu gewähren, damit wir zuversichtlich werden und bleiben. Denn er hat uns gezeigt, dass alle, die zu ihm gehören, bei allem, was auch kommen mag, nie aus Gottes Händen herausfallen können, selbst im Tod nicht. Dafür stand er mit seinem Leben ein. Bei ihm, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, sind wir daher gut aufgehoben. Das ist sehr tröstlich angesichts all des Schrecklichen, das uns im Leben widerfährt, und all der Ängste, in denen wir leben. Gott ist unsere Zuversicht und Stärke. Das heißt: Im Glauben an ihn wird uns inmitten aller Existenzbedrohungen die Furcht vor ihnen genommen.